
"Flach liegen": Chinas Jugend ist ausgebrannt – und wehrt sich
Ein eiskalter Konkurrenzkampf und ein harter Arbeitsalltag zermürben zunehmend die chinesische Jugend. Sie bezweifelt, dass sich der Aufwand am Ende auszahlt, weil die „Belohnungen“ geringer werden. Mittlerweile formiert sich eine Gegenbewegung: „Flach liegen“
Eine neue Bewegung hat Chinas Jugend erfasst und Chinas Kommunistische Partei alarmiert. Sie nennt sich „flach liegen“ – „tangping“ auf Chinesisch – und ist bei jungen Menschen unerhört populär. Die Botschaft: Widersetzt Euch dem gesellschaftlichen Druck. Ihr müsste nicht hart arbeiten, heiraten, Kinder kriegen oder ein Eigentum kaufen. Die Belohnungen für das Erreichen solcher Ziele sinken nämlich.
Die Philosophie des einfachen Lebens
Der Begriff geht offenbar auf einen Beitrag zurück, der Anfang des Jahres in einem Online-Forum des chinesischen Suchriesen Baidu veröffentlicht wurde. Der Autor dieses in der Zwischenzeit gelöschten Beitrags schlug vor, dass die Menschen ein einfaches Leben führen sollten, anstatt ihr ganzes Leben lang zu arbeiten sowie einer Wohnung und traditionellen Familienwerten hinterherzujagen. Mit anderen Worten: Sie sollten einfach „flach liegen“.

Das Gerede vom „Flachliegen“ hat sich in China schnell verbreitet, da junge Menschen mit einem intensiven Wettbewerb um die attraktivsten Arbeitsplätze konfrontiert sind, insbesondere in der Technologiebranche. Zurzeit geht das Land massiv gegen die Privatwirtschaft vor. Auch deshalb ist die Öffentlichkeit misstrauisch geworden gegenüber allem, was viele als eine zermürbende Arbeitskultur ansehen.
Sechs-Tage-Woche – von 9 bis 21 Uhr
In vielen Tech-Firmen und Start-ups wird von den Mitarbeitern verlangt, fast doppelt so viele Stunden zu arbeiten wie in einer normalen Arbeitswoche – oder mehr. Chinesische Technologieunternehmen sollen die Überarbeitungskultur verherrlichen. „996“, was sich auf die Praxis bezieht, von 9 bis 21 Uhr zu arbeiten und zwar sechs Tage die Woche, soll sowohl bei großen Technologieunternehmen als auch Start-ups weit verbreitet sein.
Viele junge Chinesen sind es leid, nach oben zu streben, und wollen sich lieber darauf beschränken, das Nötigste zu tun. Die Befürworter des Begriffs haben auch eine Philosophie entwickelt, die über den ursprünglichen Baidu-Beitrag hinausgeht. In einer Gruppe auf der sozialen Plattform Douban hat jemand ein Manifest gepostet, das die Merkmale des “tang ping”-Lebensstils beschreibt: „Ich werde nicht heiraten, kein Haus kaufen und keine Kinder haben, ich werde keine Tasche kaufen und keine Uhr tragen“, heißt es in dem „Manifest des Flachliegens“. „Ich werde bei der Arbeit faulenzen … Ich bin ein stumpfes Schwert, um den Konsum zu boykottieren.“
Kommunistische Partei steuert gegen
Diese Gruppe wurde schließlich im Frühjahr dieses Jahres verboten, nachdem sie Tausende von Teilnehmern angezogen hatte. Ein Hashtag für diesen Begriff wurde auch auf Weibo, Chinas Version von Twitter, zensiert.
Die neue Philosophie des „Flachliegens“ dürfte die regierende Kommunistische Partei Chinas mittlerweile beunruhigen. Das Wort „tangping“ wurde in den vergangenen Monaten in den chinesischen sozialen Medien weitgehend zensiert, und staatliche Medien haben die Bewegung kritisiert. “Der kreative Beitrag der Jugend ist für unser Land unverzichtbar, um eine qualitativ hochwertige Entwicklung zu erreichen“, schrieb die staatliche Guangming Daily in einem Leitartikel vom Mai. Sie nannte die Bewegung des „flachen Liegens“ problematisch, da China mit einem Arbeitskräftemangel zu kämpfen hat, der seine langfristigen wirtschaftlichen Ziele beeinträchtigen könnte.
Kommentare
Die Menschen in China leiden nicht nur am rasanten Aufstreben der Wirtschaft, sondern es fehlen vor allem ordentliche Menschen- und Arbeitsrechte und deren Vertretungen. Wenn Kinder nach der Schule noch am Fließband arbeiten müssen, nach der Arbeit ihre Schulaufgaben erledigen bis Mitternacht und um 6h wieder parat für den nächsten Tag sein müssen, wird das zukünftig nicht mehr lange haltbar sein. Es gibt in China leider zu viele Menschen, daher ist es der Regierung völlig egal, was da wirklich passiert gesundheitlich. Ich warte nur darauf, dass eine Art Völkerwanderung auch von China ausgehend in Richtung Europa gestartet wird. Ob mit oder ohne Ausreisegenehmigung… Der Druck der Weltpolitik und Weltwirtschaft wird immer größer und die Spreu wird vom Weizen getrennt (Agenda2030).
Zensur und Niederschlagung von unerwünschten Demonstrationen ist uns mittlerweile auch bekannt. Die Zeit, als man das nur bei Anderen mitleidig beobachten konnte, ist leider vorbei.
In Südkorea ist es aber noch härter. Von großen Firmen werden die Leute mit Bus im Morgengrauen abgeholt und gerne erst um 22 Uhr nach Hause gebracht. Samstags sowieso um den Job zu behalten und sonntags ist man auch gerne gesehen. Schwangere dürfen 2 Wochen daheim bleiben, dann kommt das Kind in den firmeneigenen Kindergarten. Pro Jahr 2 Wochen Urlaub. Es wird gerne gesehen, wenn der nicht komplett konsumiert wird. So war es jedenfalls vor ca. 10 Jahren.