Im Wirecard-Skandal nimmt die Klagewelle geprellter Gläubiger und Aktionäre immer größere Formen an. Der britische Prozessfinanzierer Litfin hat mittlerweile die Ansprüche von 20.000 Wirecard-Geschädigten gesammelt und bereitet Klagen vor, “überwiegend” gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY, wie das Unternehmen auf Anfrage mitteilte. Litfin prüft auch Klagen gegen die Wirecard AG und deren Ex-Vorstände. Beauftragt ist die internationale Großkanzlei Pinsent Masons.

“Wir freuen uns, dass aufgrund des großen Interesses unsere Finanzierungsschwelle bereits überschritten wurde”, heißt es bei Litfin. EY hatte die mutmaßlich seit etlichen Jahren gefälschten Wirecard-Bilanzen geprüft, das Testat aber erst für die Bilanz 2019 verweigert. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht beim insolventen Wirecard-Konzern von “bandenmäßigem Betrug” aus und beziffert den mutmaßlichen Schaden für Banken und andere Geldgeber auf über drei Milliarden Euro.

280 Klagen, 42 Millionen geschädigte

EY Deutschland sitzt in Stuttgart, doch zentraler Schauplatz der zivilrechtlichen Auseinandersetzungen wird wohl ebenfalls München werden. Beim Landgericht Stuttgart sind bisher 280 Klagen von Wirecard-Anlegern gegen EY eingegangen, die rund 42 Millionen Euro Schadenersatz fordern, wie eine Gerichtssprecherin sagte.

Doch die Stuttgarter Richter haben unter Verweis auf die Zivilprozessordnung bereits 140 dieser Verfahren nach München verwiesen. Bei den übrigen Klagen prüft das LG Stuttgart ebenfalls die Zuständigkeit. In München sind nach Angaben von EY mittlerweile sechs Klagen gegen die Gesellschaft abgewiesen worden, eine Bestätigung des Gerichts dafür gab es am Wochenende nicht.

Steigende Zahl an Klägern erwartet - Prozessfinanzierer steigen ein

Anders als eine Anwaltskanzlei streckt ein Prozessfinanzierer Gerichts- und Anwaltskosten vor. Bei erfolgreichen Klagen verlangen die Finanzierer dann eine hohe Provision. Üblich sind 30 Prozent.

Im Fall Wirecard jedenfalls wächst die Zahl der Klagewilligen offenkundig nach wie vor, fast ein Jahr nach der Insolvenz: Das Finanzierungsangebot für Geschädigte sei weiter offen, sagt der Sprecher von Litfin, einem Prozessfinanzierer, “und wir erhalten täglich eine Vielzahl neuer Anfragen von Interessenten”. (APA/red)