Mit zwei Meldungen ließ der staatlich kontrollierte russische Gaskonzern Gazprom am Dienstag aufhorchen. Sie erreichten die Öffentlichkeit beinahe zeitgleich – und passen bestens zur Unternehmenspolitik der vergangenen Monate.

Gazprom einen Rekordgewinn im ersten Halbjahr erwirtschaftet, erklärte das Unternehmen, und das trotz der westlichen Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs. Dabei hat der Konzern seine Lieferungen nach Europa deutlich gedrosselt, gleichzeitig aber von den gestiegenen Preisen profitiert. Unter dem Strich stand ein Ergebnis von 2,5 Billionen Rubel (umgerechnet 41,63 Milliarden Euro), wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. Zudem will Gazprom nun eine Zwischendividende zahlen. Auch im Vorjahr hatte der Gazprom Rekordgewinne eingefahren

Umgerechnet 20 Milliarden Euro und damit die Hälfte seines auf einen Rekordwert angeschwollenen Nettogewinns soll der weltgrößte Gasförderer nun in Form von Dividenden auszahlen. Noch nie hat Gazprom Zwischendividenden ausgeschüttet. Der Gewinn war wegen des auf bisher ungeahnte Höhen gestiegenen Gaspreises nach oben geschnellt.

Die Auszahlung hat der Gazprom-Vorstand am späten Dienstagabend vorgeschlagen und eine außerordentliche Hauptversammlung für Ende September einberufen. Vorstandschef ist der langjährige enge Vertraute von Russlands Präsident Wladimir Putin, Alexej Miller. Gut 50 Prozent der Aktien Gazproms besitzt der Staat – er bekäme so umgerechnet mehr als zehn Milliarden Euro direkt von Gazprom bei einer sensationellen Dividendenrendite von etwa 25 Prozent.

Keine Gaslieferungen – angeblich wegen ausstehender Zahlungen

Nur wenig später kam die zweite Gazprom-Meldung: Ab Donnerstag wird der Konzern seine Gaslieferungen an die Engie-Gruppe in Frankreich komplett einstellen. Grund seien ausstehende Zahlungen für bereits erfolgte Lieferungen aus dem Juli, teilte das Unternehmen am Dienstagabend im Online-Dienst Telegram mit. Engie lehnte eine Stellungnahme zunächst ab. Zuvor hatte Engie bekannt gegeben, dass Gazprom dem Unternehmen mitgeteilt habe, die Lieferungen würden mit sofortiger Wirkung gekürzt.

Grund sei eine “Meinungsverschiedenheit über die Anwendung von Verträgen”. Gazprom hatte seine Lieferungen an Engie bereits seit Beginn des Ukraine-Kriegs stark reduziert. Der französische Konzern teilte mit, er habe Maßnahmen ergriffen, um Kürzungen der Lieferungen aus Russland auszugleichen. Die Versorgung der Kunden mit Gas sei gewährleistet.

Höchste Ausschüttung an Aktionäre in der Firmengeschichte

Im Mai hatte Gazprom seine Pläne zur Zahlung einer Rekorddividende auf der Grundlage der Ergebnisse von 2021 einkassiert und erstmals seit 1998 die Aktionäre nicht bedient. Ursprünglich sollten die Aktionäre für das abgelaufene Jahr 52,53 Rubel je Aktie erhalten. Das wäre die höchste Ausschüttung in der Firmengeschichte gewesen. Für das erste Halbjahr will Gazprom 51,03 Rubel pro Anteilsschein zahlen. Die Aktionäre müssen dem Vorschlag am 30. September noch zustimmen.

2021 erzielte Gazprom dank kräftig gestiegener Preise für Öl und Gas einen Rekordgewinn von 2,09 Billionen Rubel (rund 27,5 Milliarden Euro). Gazprom hat nach Sanktionen Gaslieferungen an mehrere EU-Länder beschränkt oder sogar gestoppt. Zudem hat der Konzern Lieferungen an Deutschland zurückgefahren.