Zurzeit rücken große Truppenverbände der Ukraine im Südosten des Landes vor. Noch weitere sollen folgen. Die Eliteeinheiten der ukrainischen Streitkräfte sind bisher nicht auf dem Schlachtfeld erschienen. Das berichten verschiedene Quellen übereinstimmend. Unklar ist mit welchem Erfolg und mit welchen Zielsetzungen.

Selenskyj preist Erfolge in höchsten Tönen und spricht von „hysterischen Russland“

Nach eigenen Angaben führen die ukrainischen Streitkräfte Offensivoperationen entlang der Ostfront durch. Demnach bewegten sie sich 200 bis 1600 Meter in Richtung Orichowo-Wasyliwka und Paraskowiwka, sowie 100 bis 700 Meter in Richtung Iwaniwske und Klischiwka. Das berichtet die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maliar (44) auf Telegram.

Euphorisch waren die ersten Meldungen von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Er lobte vor allem das Vorrücken der Truppen nahe der zerstörten Stadt Bakhmut. „Gut gemacht, Krieger“, erklärte er Montagabend in einer Videobotschaft. „Wir sehen, wie hysterisch Russland auf jeden Schritt reagiert, den wir dort machen, auf alle Stellungen, die wir einnehmen.“

Moskau weigere sich, die Realität anzuerkennen. „Russland wird diesen Krieg verlieren. Der Feind weiß, dass die Ukraine gewinnen wird.“

Kiew spricht von „offensiven Aktionen“

Auch der britische „Economist“ berichtete am Montag unter Berufung auf westliche Diplomaten: „Die Gegenoffensive der Ukraine scheint begonnen zu haben.“ An mehreren Teilen der Front fänden Angriffe statt. Allein im Gebiet Novodonetske südwestlich von Donezk soll die Ukraine fünf bis sechs Kilometer vorgerückt sein. „Doch die Elite der ukrainischen Streitkräfte ist noch nicht auf dem Schlachtfeld erschienen“, bestätigte auch das britische Blatt.

Die Ukraine sprach von „offensive Aktionen“ in einigen Frontabschnitten und Geländegewinne nahe der zerstörten Stadt Bachmut im Osten des Landes. Das Gebiet rund um Bakhmut bleibe „das Zentrum der Kämpfe“, erklärte die Ministerin Maliar. „Wir rücken dort auf einer recht breiten Front vor. Wir erringen Erfolge. Wir besetzen die dominierenden Höhen. Der Feind ist in der Defensive.“

Russland widerspricht: Sämtliche Angriffe abgewehrt

Meldungen aus Russland legen wiederum etwas anderes nahe. Demnach haben die ukrainischen Streitkräfte versucht, ihre lang erwartete große Gegenoffensive zu starten, um sie dann unmittelbar nach ihrem Beginn abzubrechen. Das deutete das russische Verteidigungsministerium am frühen Montag an, als es bekannt gab, dass die Ukraine eine „Großoffensive“ mit Angriffen entlang von fünf Frontabschnitten in der östlichen Donbass-Region begann. Russland habe den Großangriff jedoch vereitelt und rund 250 ukrainische Soldaten getötet, wobei die Ukraine sechs Panzer- und zwei Panzerbataillone in den von Russland kontrollierten Süden von Donezk entsandt habe.

Später berichtete die Russische Nachrichtenagentur TASS: Kiew habe mit sechs mechanisierten Bataillonen und zwei Panzerbataillone angegriffen. Bis zu 300 ukrainische Soldaten, 16 Panzer und 26 gepanzerte Fahrzeuge seien von russischen Truppen vernichtet worden. In anderen Abschnitten hätten die ukrainischen Gesamtverluste mehr als 170 Mann betragen.

Weiteren russischen Meldungen zufolge wurde – entgegen ukrainischen Behauptungen – die Einnahme Berchiwkas durch russische Truppen abgewehrt, ebenso jene in Mayorsk, Wuhledar, Soledar. Erfolgreich angegriffen und eingenommen habe die ukrainische Armee aber die Novodonetske angegriffen und eingenommen.

Putin mit seinem Verteidigungsminister Schoigu: Russland widerspricht Kiews Erfolgsmeldungen.

Nur ein Bluff um Moskau zu täuschen?

Anscheinend sollen die Truppenbewegungen der Ukraine die Russen auch in die Irre führen. Schließlich bleibt geheim, auch welche Regionen sich der Großangriff konzentrieren wird. Bluffs sind hier bewährte Kriegstaktiken.

Von „Täuschungsmanövern“, um zum Start der Offensive die russischen Truppen in die Irre zu führen, berichtet auch die „Bild“. Für die Offensive stelle die ukrainische Armee mehrere neue Brigaden auf: „Diese Brigaden mit ihren neuen Kampfpanzern wie etwa dem Leopard 2 werden so lange wie möglich im sicheren Hinterland gehalten. Denn: Truppenbewegungen in dieser Größenordnung vor der russischen Aufklärung vollständig zu verbergen, ist kaum möglich.“