Die Europäische Volkspartei unter ihrem Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber (CSU) war wochenlang gegen das sogenannte Renaturierungsgesetz Sturm gelaufen – am Ende ohne Erfolg. 336 EU-Abgeordnete stimmten am Mittwoch dafür, nur 300 dagegen. Vorausgegangen war ein heftiger Schlagabtausch im EU-Parlament. Das weitreichende Umweltschutzgesetz zur „Wiederherstellung der Natur“ wurde von Sozialdemokraten, Grünen und Teilen der Liberalen beworben, ebenso stellten sich Umweltschutzorganisationen wie der WWF und die EU-Kommission dahinter.

EVP: Massiver Eingriff in das Eigentum von Grundbesitzer

Das Gesetz ist zentraler Bestandteil des Klimaschutzpakets „Green Deal“, mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden will. Ohne es könnten die Klimaschutz-Ziele nicht erreicht werden, warnte Klimakommissar Frans Timmermans. Die EVP warnt hingegen vor weitreichenden Folgen, vor allem für die Bauern, und generell vor einem massiven Eingriff in das Eigentum von Grundbesitzern.

Timmermans kämpfte für das Gesetz

70 Prozent der entwässerten Moorgebiete sollen wiederhergestellt werden

Ein Fünftel der Naturräume – ob zu Land oder im Wasser – soll in seinen natürlichen Ausgangszustand zurückversetzt werden. Trockengelegte Moore sollen wieder vernässt und Wälder aufgeforstet werden, mehr Grün soll in die Städte gelangen. In ihren Renaturierungsplänen sollen die EU-Mitgliedstaaten künftig darstellen, wie sie den ökologischen Zustand von etwa 20 Prozent aller Land- und Meeresflächen verbessern wollen.

Gemäß der EU-Kommission sollen überdies mehr Mischwälder entstehen und sich bis 2050 fünf Prozent mehr Grünflächen in den Städten befinden. 70 Prozent der entwässerten, landwirtschaftlich genutzten Moorgebiete sollen bis dahin zudem wiederhergestellt werden. Bis 2030 sollen überdies drei Milliarden zusätzliche Bäume gepflanzt werden. Die Renaturierung von Sümpfen soll etwa einen großen Teil der CO₂-Emissionen der Landwirtschaft kompensieren.

ÖVP: Es droht ein „Bauern-Enteignungsgesetz“

Scharfe Kritik übt die ÖVP, unter anderem an der EU-Kommission unter Ursula von der Leyen, die zunächst einen schlechten Gesetzesentwurf vorgelegt habe: „Der Vorschlag der Kommission würde zu einem Rückgang der land- und forstwirtschaftlichen Flächen führen, weil Produktionsflächen nicht mehr genutzt werden dürften. Das bedeutet nicht nur einen massiven Eingriff in das Eigentum der Grundbesitzer, sondern auch, dass wir aus Nicht-EU-Staaten Lebensmittel importieren müssten“, sagt Alexander Bernhuber, Umweltsprecher der ÖVP im Europaparlament.

Kritik an Ursula von der Leyen: „Mangelhaft" sei der Gesetzesentwurf der Kommission gewesen, sagt Alexander Bernhuber (ÖVP).

Aus dem Renaturierungsgesetz drohe ein „Bauern-Enteignungsgesetz“ zu werden: „Die Abstimmung zeigt, wie gespalten das Europaparlament in Wahrheit ist. War der Kommissionsvorschlag bereits mangelhaft, so haben wir jetzt einen chaotischen Rechtstext, der hinten und vorne nicht mehr zusammenpasst. Inhaltlich ist die Zustimmung im Europaparlament daher aus unserer Sicht eine Fehlentscheidung“, sagt Bernhuber. Die EU-Kommission sollte so rasch wie möglich einen besseren machen.”

Gewessler hocherfreut

Euphorisch äußerte sich hingegen Klimaschutz-Ministerin Leonore Gewessler. „Das EU-Gesetz sorgt dafür, dass wir der Natur wieder Platz zum Entfalten zurückgeben und darauf achten, dass wir nicht immer mehr Flächen zerstören und zubetonieren “, erklärte die Grünen-Politikerin. Gewessler zeigte sich zuversichtlich, dass man in den bevorstehenden Verhandlungen zwischen EU-Parlament, EU-Rat und EU-Kommission zu einem raschen Abschluss komme.