Die Erzeugung von Atomstrom falle in keine der Kategorien, für die ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz angenommen werden könne, weil keine von der EU als Gesetzgeber formulierten Voraussetzungen vorliegen würden, heißt es in dem der APA vorliegenden Gutachten der internationalen Rechtsanwaltskanzlei Redeker-Sellner-Dahs. “Damit ist es ohne Relevanz, dass die Erzeugung von Atomstrom häufig als CO2-arme Tätigkeit angesehen wird. Dies genügt als solches nicht, um die Anforderungen der Taxonomie-Verordnung zu erfüllen”, schlussfolgern die Rechtsexperten weiter.

In dem Gutachten werde klargestellt, “dass die Atomenergie nicht den Anforderungen an eine nachhaltige Investition entspricht. Eine Aufnahme in die Taxonomie-Verordnung wäre damit rechtlich nicht gedeckt”, sagte Gewessler laut Aussendung. “Atomkraft hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun.” Die Klimaschutzministerin denkt bereits über weitere Schritte nach. “Wir haben diese Gutachten auch gegenüber der Kommission eingebracht. In letzter Konsequenz bin ich hier auch bereit eine Klage einzubringen – denn diese Pläne wären nicht rechtskonform. Es kann nicht sein, dass die Zukunft unserer Kinder, den Interessen der Atomlobby geopfert wird”, so Gewessler.

"Greenwashing"-Vorwurf

Die Klimaschutzministerin beklagt, dass die EU-Kommission in der Taxonomieverordnung vom Juni 2020 die Frage ausgeklammert habe, ob auch Atomkraft als nachhaltige Investition anerkannt wird. Seitdem arbeite die Atomlobby mit allen Mitteln daran, die gefährliche Kernenergie einem “Greenwashing” zu unterziehen, in dem sie von der EU als klimafreundlich anerkannt sind, kritisierte Gewessler. “Atomenergie ist hochgefährlich und sicher keine Lösung im Kampf gegen die Klimakrise”, unterstrich die Klimaschutzministerin. “Wir werden diesen durchsichtigen Greenwashing-Versuch der Atomlobby auch in Europa mit aller Kraft bekämpfen.” Gewessler bezeichnete die Pläne der Atomlobby in Hinblick auf das Gutachten als “illegal”.

In dem Rechtsgutachten klingt auch Kritik an der EU-Kommission durch. Es gebe “guten Grund zu der Annahme, dass die Kommission zumindest derzeit mit ihrer Untersuchung hinter dem Ziel zurückgeblieben ist, alle erforderlichen Fachkenntnisse einzuholen, um die Kernenergie möglicherweise als nachhaltige Tätigkeit im Sinne der Taxonomie-Verordnung zu betrachten. Sowohl im Hinblick auf die bereits veröffentlichten Gutachten als auch auf die Aufgabenstellung für weitere laufende Untersuchungen scheinen insoweit erhebliche Lücken zu bestehen.”

14 der 27 EU-Staaten setzen derzeit auf Atomkraft. Als treibende Kraft der Atomstrom-Befürworter in der EU gilt Frankreich, das einen großen Anteil seines Energiebedarfs durch Kernenergie deckt. Eine Staatenallianz von Österreich, Deutschland, Spanien, Dänemark und Luxemburg hat dagegen im Juli in einem Brief Druck auf die EU-Kommission gemacht, Atomenergie nicht als nachhaltig anzuerkennen. Konkret geht es um die weiteren Rechtsakte, die im Zuge der Verordnung von der EU noch beschlossen werden müssen. (APA)