Bis 2027 sollte Österreich ohne russisches Gas auskommen. So lautete der Plan, den Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) im April 2022 verkündete, zwei Monate nach Beginn von Russlands völkerrechtswidriger Ukraine-Invasion. Von drei Säulen sprach die Ministerin, mit denen sie die Loslösung von Putins Gas auch erreichen wollte. Dazu gehörte erstens eine Reduktion des Gasverbrauchs, zweitens ein Ausbau der eigenen Produktion von Biogas und grünem Wasserstoff, und drittens mehr Diversifizierung etwa durch Import von Flüssiggas.

Gewessler war überzeugt: Eine gemeinsame europäische Vorgangsweise werde am erfolgreichsten sein. Diese Hoffnung hat sich bisher als trügerisch erwiesen, und nicht nur die.

Leonore Gewessler hatte einen Plan, um Österreich von Putins Gas loszulösen.

Zahlreiche EU-Staaten importieren weiterhin Russlands Gas

Eineinhalb Jahre später zeigt sich: Auch zahlreiche andere EU-Staaten importieren weiterhin russisches Gas wie eh und je, selbst wenn sie das offiziell bestreiten – der eXXpress berichtete. Und von einer Abkopplung von Putins Gas kann auch in Österreich keine Rede sein. Im Gegenteil: Der Anteil ist zuletzt gestiegen und betrug im September erstmals 80 Prozent – ein Rekord!

Auf „Österreichs Infoportal zur Energiesituation“ rechtfertigt sich das Energieministerium mit den generell geringeren Gasimporten. „Dieser hohe Anteil relativiert sich mit Blick auf die Gasmengen“, heißt es dort. Das entpuppt sich näher besehen als Ausrede.

Gewesslers Ministerium behauptet, dass die Importmengen von Russlands Gas sinken. Tatsächlich?

Auch in absoluten Zahlen importierte Österreich zuletzt mehr Gas als im Vergleichszeitraum 2022

Zunächst fragt man sich, was aus der viel versprochenen Diversifizierung wurde. Die nicht-russischen Gas-Quellen setzen sich aus norwegischem Gas und Flüssiggas (LNG) zusammen, sowie – zu einem kleinen Teil – aus Gas aus Nordafrika und Zentralasien. Ihr Anteil betrug im September nur noch 20 Prozent aus. Im September des Vorjahres waren es noch 79 Prozent (!) gewesen. Doch das ist nicht der einzige Einwand.

Gewessler hätte demnach einzig die erste Säule ihres Vorhabens umgesetzt: generell weniger Gas. Näher besehen hält aber auch diese offizielle Begründung nicht. Vergleicht man nämlich die absolute Menge an importiertem Gas aus Russland in den drei Monaten Juli, August, September mit den Vergleichsmonaten des Vorjahres, so ist sie auch in absoluten Zahlen höher.

Mit anderen Worten: Österreich hat im dritten Quartal 2023 (Juli bis September) mehr russisches Gas importiert, als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Dass überdies auch noch der Anteil an russischem Gas gestiegen ist, liegt daran, dass Österreich weniger Gas aus anderen Quellen importiert hat. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, würde Österreich bis 2027 nur noch russisches Gas importieren.