Premier in der Russischen Föderation: Moskau wird die erste landesweite Übung für einen Atomangriff durchführen. Russland ist das größte Land der Welt. Daher wird sich die Übung über elf Zeitzonen erstrecken. Sie soll am 3. Oktober stattfinden, nur vier Tage vor dem 71. Geburtstag von Präsident Wladimir Putin. Bürger im gesamten Land werden damit auf einen möglichen Atomkrieg vorbereitet. Damit ist klar: Das Kreml hält eine nukleare Eskalation für zunehmend wahrscheinlich.

Im Rahmen der eintägigen Übung wird der Westen als nuklearer Aggressor dargestellt. Im Gegensatz zu früheren regionalen Übungen wird die Zerstörung von bis zu 70 Prozent des russischen Wohnungsbestands und der lebenswichtigen Einrichtungen simuliert. Das Szenario geht davon aus, dass in Russland das Kriegsrecht verhängt wurde. Mehr noch: Im Land hat mittlerweile eine vollständige Mobilisierung stattgefunden.

Putin-Freund verkündet Szenario und fordert erstmals Atomwaffen-Tests

Die Informationen zur Übung stammen vom Physiker und Multimilliardär Michail Kowaltschuk (77), der überdies das physikalisch-technische Kurtschatow-Institut leitet. Kowaltschuk forderte kürzlich zum ersten Mal seit dem Ende der Sowjetunion die Wiederaufnahme von Atomwaffentests in der Arktis.

Michail Kowaltschuk fordert Atomwaffentests, wie sie früher die Sowjetunion durchgeführt hat.Wiki Commons / council.gov.ru

Der langjährige Putin-Freund forderte einen vergleichbaren Schock für die westlichen Staats- und Regierungschefs, wie ihn die UdSSR 1961 mit dem Test der Zarenbombe, der stärksten Bombe aller Zeiten mit einer Kapazität von mehr als 50 Megatonnen, ausgelöst hatte. „Ich halte das für eine richtige Idee”, sagte er. „Das ist genau die gleiche Situation wie jetzt. Es genügt, Tests auf Nowaja Semlja (Russlands arktischer Inselgruppe, Anmerkung) durchzuführen”. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu besuchte im verganenen Monat Nowaja Semlja. Beobachter werden das als Zeichen dafür, dass die Tests bald wieder aufgenommen werden könnten.

Planung für bis zu 70 Prozent des Wohnungsbestands

Das für den Atom-Test geschilderte Szenario klingt dystopisch. „Unfälle an Wasserbauwerken, chemisch und strahlungsgefährdeten Anlagen“ würden zu „sekundären Gefahren“ in verschiedenen Regionen führen. In einigen Gegenden der Russischen Föderation „ist infolge von Notfällen oder anderen Arten von physischen Einwirkungen die vollständige Zerstörung von lebenserhaltenden Einrichtungen und bis zu 70 Prozent des Wohnungsbestands möglich.“

Beamte und regionale Bedienstete werden angewiesen, „unbesetzte Notfallrettungsteams“ zu organisieren. Sie sollen für die Bürger die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten sicherstellen, und für Schutz vor radioaktiven Strahlen sorgen.

Der Kreml weist russische beamte an, Notfallrettungsteams zu organisierenGetty

Moskau sieht erhöhtes Risiko für nukleare Eskalation

Das Dokument warnt: „Das Risiko, dass bewaffnete Konflikte zu lokalen und regionalen Kriegen eskalieren, einschließlich solcher, an denen Atommächte beteiligt sind, nimmt zu.“ Bedrohung für die Sicherheit der Bürger drohe vor allem durch „moderne Fernkampfmittel“, etwa Angriffe aus der Luft. Nun wolle man die „Bereitschaft der Zivilverteidigungskräfte und Mittel erhöhen, um Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung sowie von Sach- und Kulturgütern zu ergreifen“. Dazu gehöre auch die Evakuierung aus Gefahrenzonen.

Dass Putin selbst ein solches Risiko ernst nimmt, ist schon lange bekannt. In seinen Palästen soll er mehrere Bunker zur Vorbereitung auf einen nuklearen Weltuntergang errichtet haben. Überdies unterhält er eine Flotte von „Doomsday“-Il-80-Maxdome-Flugzeugen.