Die bekannte Klimaaktivistin Anja Windl befindet sich seit Mittwoch in der Wiener Justizanstalt Josefstadt in Verwahrungshaft. Das bestätigte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien Judith Ziska auf APA-Anfrage. Gegen Windl wurde Untersuchungshaft wegen des Verdachts der schweren Sachbeschädigung beantragt. Die Deutsche sei nach den Protestaktionen am Montag und am Dienstag durch die Polizei festgenommen und in die Justizanstalt überstellt worden, hieß es.

Windl nahm als Mitglied der Klimaschutzgruppe “Letzte Generation” am Montag und Dienstag an Protestaktionen teil. Im Zuge der Aktionen betonierten sich die Aktivistinnen und Aktivisten mit einer speziellen Mischung aus Quarzsand und Sekundenkleber unter anderem auf der Südautobahn A2 beim Knoten Vösendorf, der Südosttangenten A23 beim Altmannsdorfer Ast sowie am Wiener Ring Ziska fest.

“Bei Verkehrsknotenpunkten wie Autobahnen handelt es sich um Teile der kritischen Infrastruktur”, erklärte Ziska. “Das ist eine andere Qualifikation”, so die Sprecherin. Die Fahrbahnen seien durch die Aktion schwer beschädigt worden, zudem habe es schwerer Gerät erfordert, die Aktivisten von der Straße zu lösen. Eine Vertreterin der Staatsanwaltschaft habe sich bei einem Lokalaugenschein am Montag selbst davon überzeugt. Weil Windl auch nach einer Festnahme durch die Polizei am Dienstag erneut an den Betonieraktionen teilgenommen habe, habe Tatbegehungsgefahr bestanden. “Darum haben wir die Untersuchungshaft beantragt”, so Ziska. Sie sei am Mittwochnachmittag in die Justizanstalt gekommen. Das Landesgericht Wien erklärte, dass über die Frage einer U-Haft-Verhängung noch nicht entschieden worden sei.

Gericht hat über U-Haft noch nicht entschieden

Die “Letzte Generation” sprach am Freitag gegenüber der APA in einer ersten Reaktion von “erhöhter Repression” durch die Behörden. “Wenn die Behörden Menschen der Letzten Generation einsperren, nehmen andere Menschen ihren Platz auf der Straße ein”, hieß es in einem Statement. “Es ist unerträglich, dass Anja eingesperrt wird, weil sie sich für unser aller Überleben einsetzt”, so eine Sprecherin. “Weil die Polizei die Straße beim Lösen beschädigt hat, soll sie nun wegen schwerer Sachbeschädigung verurteilt werden. Die Behörden hätten ihre Hand auch einfach mit Nagellackentferner vom Asphalt lösen können”, wurde Klimaaktivistin Laila Fuisz in der Mitteilung zitiert. Tatsächlich seien mehrere der mit Sand-Sekundenklebermischungen festbetonierten Aktivisten, am Montag auf der Autobahn mit Lösungsmittel gelöst worden. “Der Asphalt wurde nur bei einer der drei Gruppen aufgestemmt. Gründe für die unterschiedlichen Vorgehensweisen gibt es nicht”, so die “Letzte Generation”.

Die Gruppe kritisierte am Freitag das Vorgehen der Staatsanwaltschaft. “Was die Behörden hier gerade tun, ist bedrohlich: sie gefährden zivilgesellschaftliches Engagement und damit unsere Demokratie.” Die Regierung müsse stattdessen an die Arbeit gehen und sofort mit der Umsetzung der 93 Empfehlungen des Klimarates beginnen.

Die Ermittlungen gegen Windl sind durchaus von Brisanz. Denn erst im August hatte das Landesgericht Wien einen von der Staatsanwaltschaft erhobenen Strafantrag wegen schwerer Sachbeschädigung in Zusammenhang mit einer Einfärbe-Aktion beim Pallas-Athene-Brunnen am 4. Mai zurückgewiesen. Parallel dazu läuft gegen die 26-jährige deutsche Studentin, die als eines der prominentesten Gesichter der Klimabewegung in Österreich gilt, ein Verfahren, bei dem ihr die Ausweisung aus Österreich droht.