Mit einem einzigen Vortrag machte sich der Italiener Agamben nach einer 60-jährigen Karriere zur persona on grata. „Können Sie sich vorstellen, dass unter Hitler eine Widerstandskonferenz organisiert worden wäre?“, fragte Agamben und wurde dabei auch noch gefilmt. Mit ihr wollte der Denker zwei Dinge herausstreichen: dass die staatlichen Corona-Maßnahmen so widerrechtlich sind wie das NS-Regime. Und dass dagegen Widerstand geleistet werden muss – in einer Form, die keine Rücksicht mehr nimmt auf demokratische Prinzipien wie Verfassung, Gesetz oder Menschenrechte.

"Es macht keinen Sinn, Rechte von Hitler einzufordern"

Aktuell seien wir mit Regierungen konfrontiert, die jegliche Rechtsstaatlichkeit ignorierten – und die deshalb mit den totalitären Regimes des 20. Jahrhunderts verglichen werden könnten. „Was für einen Sinn ergibt es, Rechte gegenüber Hitler, Stalin oder Mussolini einzufordern? Das ergibt keinen Sinn. Wenn Sie das nicht verstehen, verstehen Sie die Situation nicht, in der wir uns gerade befinden“, sagt Agamben laut „Tagesanzeiger“ weiter.

Nicht der erste Aufreger

Brisant: Es ist nicht zum ersten Mal, das der Gegewartsphilosoph mit NS-Vergleichen auf sich aufmerksam gemacht. Im Februar veröffentlichte er eine Sammlung seiner Corona-Texte, in deren Vorwort er bei den staatlichen Corona-Maßnahmen „Berührungspunkte“ mit den Ereignissen im Deutschland des Jahres 1933 verortete. Diesmal ging es ihm, so unterstellen zumindest Kritiker und Beobachter, darum, alle Corona-Maßnahmen zu diskreditieren, indem er sie mit den größten Unrechtsregimen der Menschheitsgeschichte vergleicht.