Die politischen Debatten in den sozialen Medien sind vergiftet. Keiner, der nur einmal die rezente Twitter-Kommunikation überflogen hat, kann diesem empirischen Befund widersprechen. Die Texte, die dort in Umlauf gebracht werden, sind wie Giftpfeile, sollen wirken wie Dum-Dum-Geschosse. Ziel ist es, das gesellschaftliche Sein der Andersdenkenden nachhaltig zu zerstören. Jeder politische Gegner gilt als Feind, der nicht physisch, aber ökonomisch, beruflich, psychisch um die Ecke gebracht werden soll.

Die Vernichtungsfantasien der Hasslinken

Der österreichisch-britische Philosoph Aurel Kolnai hat in seinem Text „Ekel. Hochmut. Hass. Zur Phänomenologie feindlicher Gefühle“ versucht, Hass zu definieren. Für Kolnai liegt Hass dann vor, wenn eine Partei eines weltanschaulichen Streits die andere Seite zu vernichten trachtet. Den Hassenden kennzeichnet aber nicht nur die Vernichtungsintention, er ist zudem wahnhaft von der Überzeugung beseelt, dass bei allen Debatten, in die er involviert ist, immer das Schicksal der Welt schlechthin auf dem Spiel steht.

Vernichtungsfantasien und die Wahnvorstellung, die auserwählte Bewegung zu sein, deren historische Sendung es ist, die Welt vom Bösen zu erlösen, kennzeichnet das Verhalten der Hass-Linken.

Im Kampf gegen die Gegner ist jedes Mittel recht

Um unliebsame Gegner loszuwerden, ist ihr jedes Mittel recht. In der Zwischenzeit wird von den Radikalen selbst physische Gewalt als politisches Instrument nicht mehr ausgeschlossen. Wer als „Rassist“, „Sexist“ oder „Faschist“ öffentlich etikettiert und abgewertet worden ist, egal ob es dafür Belege gibt oder nicht, kann nun auch Besuch von der Antifa erhalten, einer staatsfeindlichen anarchistischen Gruppe, die in Deutschland und Österreich noch immer nicht verboten ist und die quasi als militärischer Arm der Twitter-Linken fungiert. Die Begründung, warum auch Gewalt erlaubt ist, liefert eine der Wortführerinnen der linksradikalen Twitter-Aktivisten: Weil sich Rassisten, Sexisten und Faschisten nicht an die Gesetze halten, ist es legitim, sie auch mit illegaler physischer Gewalt anzugehen. Bundesverfassung und das staatliche Gewaltmonopol interessieren diese Leute schon längst nicht mehr. Wenn sie es für richtig halten, greifen sie zum Prügel und üben Selbstjustiz. Für alle, die sich auf Twitter mit ihnen konfrontieren, ist es sicher besser, anonym zu bleiben und den Namen auch nicht an die Gegensprechanlage zu schreiben.

Sebastian Kurz' bevorstehende Vaterschaft als Zielscheibe des Hasses

Das besondere Hassobjekt der Linken und linksradikalen Twitter-Szene ist Sebastian Kurz. Auf ihn wird seit Wochen ein ballistisches Kommunikationsschnellfeuer abgeschossen, das alle Stücke spielt. Das Harmloseste war bisher noch, dass man ihn als „blasierten Volltrottel ohne Bildung“ bezeichnet hat.

Aber seitdem in den Medien über seine bevorstehende Vaterschaft berichtet wurde, schäumt der Hass über. Weil es bisher nicht gelungen ist, den erfolgreichen Bundeskanzler politisch zu vernichten – die Umfrageergebnisse der ÖVP liegen trotz ständiger Hasskampagnen bei 35%, die SPÖ dümpelt bei beschämenden 20% herum – setzt die linke Konkurrenz jetzt voll auf die Zerstörung seiner persönlichen Reputation. Thomas Walach, Chefredakteur von „ZackZack“, textet auf Twitter launig: „Sagen was ist. Susanne Thier wird Mutter“. Und die linke Hassblase setzt nach, spricht von „unbefleckter Empfängnis“ und „Leihmutterschaft“.
Den Höhepunkt der Skrupellosigkeit erreicht das perfide Dirty Campaigning der Linken mit einer Stimme, die sich aus dem bösartigen Sumpf der derben deutschen Klamauk-Brüder erhoben hat. Sie kommt von Martin Sonneborn, einem Witzblattherausgeber, der durch eine Laune des Wahlsystems ins Europaparlament gespült wurde und dort nun auf Kosten der Steuerzahler herumsitzt. Wie direkt aus dem bolschewistischen Bierzelt kommend klingt sein primitiver Kalauer von „Baby-Hitlers-Baby“, den der luxurierende Salonlinke auf das ungeborene Kind von Sebastian Kurz abgeschossen hat.

Verlogenes Begriffstheater ohne Moral

Auch hier zeigt sich deutlich, dass das Eintreten der Linken für Achtsamkeit, Humanität, Gerechtigkeit und Menschrechte nichts anderes als ein verlogenes Begriffstheater im diskursiven Kampf um die politische Hegemonie ist. Denn es verstößt gegen die basalen Prinzipien mitteleuropäischer Moralstandards, wenn völlig Unbeteiligte, wie die Partnerin eines Politikers und sogar dessen ungeborenes Kind (!!!), ins Visier politischer Kampfrhetorik genommen werden.

Durch seinen groben, taktlosen und rüpelhaften Brachialhumor ordnet sich Sonneborn in die Gemeinschaft von Vulgär-Kabarettisten wie Mario Barth, Jan Böhmermann, Oliver Pocher und Bülent Ceylan ein, deren Primitiv-Satiren jede Form von Leichtigkeit, spielerische Eleganz und das Gefühl für Schattierungen und Zwischentöne vermissen lassen.

Twitter als Sumpf des "Mikrofaschismus"

Bei Sonneborns und Böhmermanns Tiraden fällt einem neben der ästhetischen Unzulänglichkeit noch ganz etwas anderes auf, nämlich das, was Gilles Deleuze mit dem Begriff des „Mikrofaschismus“ zu beschreiben versucht hat. Mikrofaschismus zeigt sich, so Deleuze, überall dort, wo „in jedem Loch, in jeder Nische eine Kriegsmaschine installiert ist“. Das ist bei Twitter allemal der Fall. Twitter ist mit mikrofaschistischen Partikeln durchsetzt.

Sonneborn, Böhmermann & Co. sind deleuzesche Diskurs-Kriegsmaschinen, die ständig auf politisch Andersdenkende feuern. Und sie sind geschmeidig genug, um in jede Zelle der Gesellschaft eindringen zu können und Menschen auf ihre Seite zu ziehen. Wie weit ihr Einfluss bereits fortgeschritten ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass in den österreichischen Medien kein Aufschrei der Empörung zu hören war, als Sonneborn das ungeborene Kind des Bundeskanzlers als „Baby-Hitlers-Baby“ bezeichnet hat. Wie verblendet, abgestumpft und ignorant muss eine Medienlandschaft sein, um eine solche Ungeheuerlichkeit unkommentiert stehenzulassen.

Der Jugendforscher und eXXpress-Kolumnist Bernhard Heinzlmaier untersucht seit mehr als zwei Jahrzehnten die Lebenswelt der Jugend und ihr Freizeitverhalten. Er kennt die Trends, vom Ende der Ich-AG bis zum neuen Hedonismus und Körperkult, bis zu Zukunftsängsten im Schatten von Digitalisierung und Lockdown. Heinzlmaier ist Mitbegründer und ehrenamtlicher Vorsitzender des Instituts für Jugendkulturforschung. Hauptberuflich leitet er das Marktforschungsunternehmen tfactory in Hamburg.