In Wien wird so viel gebaut wie (fast) noch nie: Egal wohin man blickt, das Stadtbild der Bundeshaupstadt wird aktuell vor allem durch Baukräne und Bauabsperrungen geprägt. Tatsächlich erlebt Wien gerade einen massiven Boom in Sachen Neuerschaffung von Wohnraum: Laut Schätzungen der Wiener Wirtschaftskammer werden noch heuer 17.400 neue Wohnungen fertiggestellt, nächstes Jahr sind es gar 19.700. Und auch wenn die Wiener über Baustellen eher sudern als jubeln, so könnte dieser Bauturbo dennoch manch einen in Jubelstimmung bringen: denn mit so viel neuem Wohnraum dürften nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage die Mieten – zumindest im privaten Neubau – etwas sinken, wie mancher Branchenexperte prophezeit.

Mehr Angebot als Nachfrage

“Es wird in Wien so viel gebaut, wie eigentlich noch nie. Wir hatten die letzten Jahre Rekordfertigstellungen. Und die Bevölkerung ist kaum gewachsen. Es gibt also mehr Angebot als Nachfrage. Dadurch sinken die Mieten”, so Hans Jörg Ulreich, Bauträger-Sprecher der Wirtschaftskammer Wien im „Wien heute“-Interview. Laut Ulreich wurde das letzte Mal in der Gründerzeit so viel gebaut, also in den Jahren 1870-1912. Auch in den 1990ern habe es einen Bauboom in Wien gegeben, allerdings weniger Fertigstellungen als jetzt.

Mieten bereits in halb Wien gesunken

Tatsächlich zeichnet sich der Trend sinkender Mieten bereits ab – in mehr als der Hälfte der Stadt, nämlich in 12 Bezirken, sind die Mieten schon gesunken, wie die Plattform immowelt ausweist. Das betrifft vor allem die teuren Bezirke im Zentrum. In vier weiteren Bezirken gibt es nur ein Plus von einem Prozent. Teurer ist es etwa in Simmering geworden: Hier sind viele teurere neue Wohnungen dazu gekommen, heißt es. Das heiße aber nicht, dass das Wohnen in Wien für Menschen mit wenig Einkommen leistbarer wird, betont Ulreich – denn der Rückgang betreffe nur den privaten Neubau.

Der Immobilienvermittler EHL erwartet hingegen kein Sinken der Mieten, sondern weiter einen moderaten Anstieg – im Rahmen der Inflation. Denn die Nachfrage sei stark gestiegen, viele wollen umziehen: “Das ist sicherlich auch auf die Pandemie zurückzuführen. In diesem Zusammenhang haben natürlich Mieter deutlich mehr Zeit zu Hause in den eigenen vier Wänden verbracht – mit Homeschooling oder Homeoffice. Dann haben sie die aktuelle Wohnsituation einfach neu definiert für sich selbst“, sagt Karina Schunker, Geschäftsführerin von EHL Wohnen.