Eine alte Bayern-Regel lautet: Wer beim deutschen Rekordmeister Erfolg haben will, muss Uli Hoeneß auf seine Seite ziehen. Das hat Thomas Tuchel zu Beginn seines Engagements auch beherzigt. “Ich wollte ihm sagen, dass ich mein Bestes gebe, um auf seinen Klub aufzupassen,” gab der ehemalige Chelsea-Trainer einst bekannt. Zu Beginn der Tuchel-Amtszeit war Hoeneß noch dessen Befürworte. Doch das Blatt scheint sich nun zu wenden. Das Verhältnis zwischen Hoeneß und Tuchel ist angespannt.

Offenbar zeigt sich der Club-Patron von den Aussagen des Cheftrainers irritiert. Der Ehrenpräsident sprach beim “BR-Stammtisch” wie gewohnt Klartext und bezeichnete die Trennung von Julian Nagelsmann als “unklug”. Doch das war noch nicht genug. Hoeneß legte beim Interview mit RTL nach. Diesmal bezeichnete er die Aussagen von Tuchel an der Transferpolitik als “nicht klug”. Für Tuchel ist der Kader bei den Bayern zu dünn. Doch das sieht die Bayern-Ikone offenbar anders. Hoeneß widersprach vehement: “Weil ich nicht mein eigenes Team schlecht aussehen lasse, indem ich sage, wir sind zu dünn besetzt, wir sind dies, wir sind jenes. Wenn Sie jedes Wochenende sehen, was wir auf der Bank sitzen haben – nur Nationalspieler –, dann haben wir keinen dünnen Kader.”

Ewige Diskussionen um einen Sechser

Wie die “Sport Bild” berichtet, zeigten die Vereinsverantwortlichen der Bayern wenig Verständnis für die jüngsten Aussagen von Hoeneß. Auch bei Tuchel stießen die Äußerungen auf große Irritation. Alles begann mit den Diskussionen innerhalb der Task Force im Sommer. Hoeneß zeigte sich genervt, dass Tuchel auf einen Sechser, also einen defensiven Mittelfeldspieler pochte. Thomas Tuchel debattierte intensiv mit dem “Ausschuss Sport” gemeinsam mit Vorstandschef Jan-Christian Dreesen, Aufsichtsratschef Herbert Hainer, Ex-Boss Karl-Heinz Rummenigge und eben Hoeneß über die Zusammensetzung des Kaders.

Tuchel beharrte auf seiner Meinung und vertrat diese auch lautstark in der Öffentlichkeit. Aus diesem Grund war Hoeneß verärgert. Gut in Erinnerung ist noch das Transfer-Chaos um João Palhinha. Der Premier-League-Profi wurde am Deadline-Day, also am letzten Transfertag nach München eingeflogen. Der deutsche Rekordmeister wäre bereit gewesen, 65 Millionen Euro für den Mittelfeldspieler auf den Tisch zu legen. Doch Fulham fand keinen Ersatz. Deshalb platzte der Transfer im letzten Moment. Hoeneß selbst war gegen die Verpflichtung eines Sechsers und verwies dabei auch auf ÖFB-Legionär Konrad Laimer. “Die Frage nach einer neuen Nummer 6 stellt sich nicht,” stellte der Bayern-Ehrenpräsident klar. Seitdem ist das Verhältnis zwischen Tuchel und Hoeneß belastet.

Die Situation ist für die Bayern nicht unproblematisch. Hoeneß und Tuchel gelten beide als Alpha-Tiere. Der Konflikt könnte in den kommenden Tagen und Wochen noch weiter eskalieren. Gesprächsbedarf gäbe es jedenfalls…