Hugo Portisch (94) ist tot: Der Ehrenbürger Wiens bekommt ein Ehrengrab
Der ehemalige KURIER-Chefredakteur wurde im ORF zum Erklärer der Welt. Bis ins hohe Alter blieb er journalistisch tätig.
Hugo Portisch verbrachte seine Schulzeit in Pressburg, das kulturell in den letzten Jahrzehnten Österreich-Ungarns wie eine kleinere, ebenfalls an der Donau gelegene Schwesterstadt Wiens wirkte, von dem es nur 60 km entfernt ist; in der Stadt wurde damals Deutsch, Ungarisch und Slowakisch gesprochen.
Sein Vater Emil (1887–1985) aus St. Pölten, Niederösterreich, wurde 1920 Redakteur und 1924 (letzter) Chefredakteur der erstmals 1764 erschienenen Pressburger Zeitung, eines liberalen, demokratisch orientierten Blattes. Es wurde bei der „Zerschlagung“ der Tschechoslowakei, die am 15. März 1939 erfolgte, unter dem slowakischen Regime von Jozef Tiso, da es den Nationalsozialismus nicht befürwortete, mit der sofortigen Enteignung der jüdischen Besitzer eingestellt. (Unter „nationalsozialistischem Gestaltungswillen“ erschien es dann doch noch ein paar Wochen.
Journalistischer Werdegang
Portisch begann 1947 als Redaktionseleve der Wiener Redaktion des St. Pöltner Pressvereins. 1948 war er als Redaktionsaspirant bei der Wiener Tageszeitung tätig, deren außenpolitisches Ressort er 1950 übertragen bekam. 1950 war er einer von zehn ausgewählten österreichischen Journalisten, die auf Kosten der USA einen sechsmonatigen Journalistenkurs in den Vereinigten Staaten absolvieren durften, und arbeitete dabei als Praktikant unter anderem bei der New York Times und der Washington Post, bis heute renommierten Blättern.
1953 wurde Portisch stellvertretender Leiter des beim Generalkonsulat angesiedelten österreichischen Informationsdiensts in New York. Er hatte Bundeskanzler Julius Raab bei seinem USA-Besuch zu begleiten, der ersten Überseereise Raabs, der nicht Englisch sprach.
1954 lud ihn Hans Dichand ein, am Neuen Kurier mitzuarbeiten, der in der Nachfolge des US-Besatzungsblattes Wiener Kurier erscheinen sollte. 1958 machte ihn Eigentümer Ludwig Polsterer zum Chefredakteur als Nachfolger Dichands. Während seiner Zeit beim Kurier war er auch beim Bayerischen Fernsehen tätig.
Nach dem Rundfunkvolksbegehren 1964, das er beim Kurier mit Rückendeckung Polsterers gemeinsam mit anderen Zeitungsherausgebern initiierte, holte ihn der neue ORF-Generaintendant Gerd Bacher 1967 zum Österreichischen Rundfunk, wo Portisch als Chefkommentator fungierte.
Portisch bekommt Ehrengrab der Stadt Wien
2018 wurde Hugo Portisch Ehrenbürger von Wien. Er wird in einem Ehrengrab der Stadt Wien bestattet werden. Wir werden diesen großen Menschen, Medienerneuerer und leidenschaftlichen Citoyen niemals vergessen!“, sagt Wiens Bürgermeister Michael Ludwig.
Mit Hugo Portisch ist eine große & beeindruckende Persönlichkeit von uns gegangen. Es war mir eine Ehre, ihn persönlich kennen gelernt zu haben.
— Sebastian Kurz (@sebastiankurz) April 1, 2021
Ihm verdanken wir, dass er als glühender Europäer in seinen Kommentaren und Berichten aufzeigte, dass Nationalismus eine gefährliche Sackgasse ist. Danke Hugo Portisch. Ruhe in Frieden.
— Othmar Karas (@othmar_karas) April 1, 2021
Mit dem Tod von Hugo Portisch verlieren wir nicht nur einen der bedeutendsten österreichischen Journalisten, sondern auch eine beeindruckende Persönlichkeit & wahrlich einen Geschichtslehrer Österreichs. Möge er in Frieden ruhen. https://t.co/igfM3toi3K
— Karoline Edtstadler (@k_edtstadler) April 1, 2021
Hugo Portisch ist tot. Er gehörte sicherlich zu den Menschen, die mit seinen Erklärungen und Dokumentationen die Tür zur Politik für mich aufgestoßen haben. Danke für so ein reich gebendes Leben und Wirken!
— Beate Meinl-Reisinger (@BMeinl) April 1, 2021
Der Tod von Hugo Portisch hinterlässt eine große Lücke und schmerzt. Ein Jahrhundert-Journalist, eine moralische Instanz, ein standhafter Humanist. Was für ein Leben hat er gelebt! Uns alle hat er bereichert. Meine Anteilnahme gilt seiner Familie und Freunden. (prw)
— Pamela Rendi-Wagner (@rendiwagner) April 1, 2021
Mit Hugo Portisch hat uns einer der ganz Großen verlassen. Ein herausragender Journalist, der uns die Welt ins Wohnzimmer gebracht hat und der uns die Geschichte dieses Landes ohne Scheuklappen nahe gebracht hat. (1/4)
— Werner Kogler (@WKogler) April 1, 2021
Gegen Covid geimpft
Im Februar dieses Jahres wurde der damals 93-Jährige in Wien gegen Covid-19 geimpft. “Es war für mich überhaupt keine Frage, mich impfen zu lassen”, sagte der Journalist damals.
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