Sämtliche 83 Seiten der Abschrift der nicht-öffentlichen Einvernahme des Ibiza-Haupttatverdächtigen Julian H. (41) vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss wurden dem eXXpress und der Aufdeckerplattform eu-infothek.com zugespielt. In seinen Antworten auf die Fragen der Abgeordneten erzählt H. Spannendes – wie etwa die Details über seine Festnahme in Berlin (wir berichteten), aber auch viel Seltsames. Etwa, dass er “glaubt” auch in Indien die Schule besucht zu haben, oder auch, dass “der russische Judoverband eine Kommunikationslinie zur FPÖ” gewesen sein soll.

Zu den spannenderen Aussagen ist aber auf alle Fälle die Passage auf den Seiten 31 und 32 zu zählen. Dort antwortet H. auf die Frage, warum er sich schon VOR der Veröffentlichung der wenigen Ibiza-Video-Teile, also vor dem 17. Mai 2019, bedroht gefühlt hätte und ob die Drohungen aus dem Innenministerium gekommen wären: “Ich nehme an, dass sie, nachdem sie vor der Veröffentlichung des Videos kamen, in irgendeiner Form hochrangig gewesen sein müssen.”

Der eXXpress hat dies gesamte Aussage des Ex-Sicherheitssöldners vor dem Ibiza-U-Ausschuss.

"Wenn nichts passiert, passiert nichts"

Der FPÖ-Abgeordnete Christian Hafenecker will es dann doch etwas genauer wissen: “Ordnen sie die Drohungen Bundesminister Kickl zu?” Die Antwort von Julian H.: “Es wurde mir von Herrn M. (dem Ibiza-Anwalt und zweiten Haupttatverdächtigen, Anm.) mitgeteilt, dass es eine weitere Nachricht, angeblich durch Herrn Kickl, gegeben haben soll: Wenn nichts passiert, passiert nichts.” Zu diesem Zeitpunkt hätte bereits halb Österreich geahnt, dass demnächst eine Politbombe gezündet werden könnte, weil davon auch schon der deutsche ZDF-Mitarbeiter Jan Böhmermann in einer TV-Gala des Kurier erzählt hat.

FPÖ-Nationalrat Hafenecker wollte noch mehr über diese angebliche “Drohung” wissen: “Wie ist das zu verstehen? Das ist ein bisschen kryptisch.” Der Video-Krimi-Mittäter erzählte dann: “Das war das Zitat, das M. transportierte, nachdem die Veröffentlichung, nachdem der Böhmermann-Auftritt war, und was er so interpretiert hat. Soweit mit bekannt ist, wurde Herrn M. durch Herrn R. (Polizist und HC Straches Ex-Bodyguard, Anm.) mitgeteilt, dass wohl eine Taskoforce mit Beteiligung des LVT (Landesamt für Terrorismusbekämpfung, Anm.) und BKA-Beamten gegründet worden sein soll – vor Veröffentlichung des Videos, nach Böhmermann.”

Lockte Strache in die Finca auf Ibiza und in die Video-Falle: Julian H.

Kickl zu den Vorwürfen: "Absurd, Unsinn"

“Absurd, Unsinn”, dementiert Ex-Innenminister Herbert Kickl die Vorwürfe des Ibiza-Haupttatverdächtigen Julian H.. Kickl betont, dass er vor der Veröffentlichung der Video-Teile, also vor dem 17. Mai 2019, weder die Person des Ibiza-Anwalts noch Julian H. gekannt zu haben. Kickls Sprecher zum eXXpress: “Er wusste überhaupt nicht von dem Video oder wer dieses produziert haben soll. Er hat daher niemanden bedroht und auch keine Task-Force vor der Veröffentlichung eingerichtet.” Diese Aussagen des Video-Mittäters seien “offenbar ein Versuch, sich selbst als Opfer darzustellen”.

Für Julian H. sind Aussagen wie diese jedenfalls ein Spiel mit dem Feuer: Sinkt seine Glaubwürdigkeit weiter, wird eine Verurteilung wegen der demnächst angeklagten Drogendelikte noch wahrscheinlicher – dem jetzt in U-Haft sitzenden Tatverdächtigen drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Angeblich hätte Anwalt M. dem Ibiza-Detektiv H. von den Drohungen Kickls berichtet - M. ist der Ex-Geliebte der "Krone"-Mitarbeiterin Katia Wagner, die nun gegen Fellner ausgesagt hat