Um 10 Prozent verglichen mit dem Vorjahr ist die Zahl der Menschen in akuter Finanznot angestiegen. Grund seien anhaltende Corona-Auswirkungen, massiv gestiegene Lebenshaltungskosten und erhöhte Kreditzinsen.

13,5 Prozent mehr Privatkonkurse

Dass es sich mit dem Geld nicht mehr ausgehe, komme in der Mitte der Gesellschaft an. “Menschen, die bisher ihr Auslangen gefunden haben, indem sie sparsam gelebt haben, kommen nun an ihre Grenzen”, sagt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen GmbH, Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen.

8.176 Privatkonkurse wurden wie berichtet 2022 eröffnet. Das war eine Steigerung von 13,5 Prozent im Vergleich zum Jahr davor. Dabei schlugen sich laut ASB die Teuerungen der letzten Monate hier noch nicht im vollen Umfang nieder, sie werden erst nach und nach in den Schuldenberatungen sichtbar werden.

Anhebung des Existenzminimums gefordert

Eine Schuldenberatung aufzusuchen und in weiterer Folge einen Privatkonkurs zu eröffnen, sei schwierig, aber richtig für überschuldete Menschen. Auch mit professioneller Begleitung sei der Weg hart. Der Grundbetrag für das Existenzminimum, das einem Menschen, der gepfändet wird, zum Leben bleibt, sei “mit aktuell 1.110 Euro gering und zu wenig zum Leben”, so Mitterlehner. Die individuelle Pfändungsgrenze ist grundsätzlich aber abhängig vom jeweiligen Nettoeinkommen und der Anzahl der Unterhaltspflichten. Jedenfalls fordern die Schuldenberatungen dringend eine deutliche Anhebung des Existenzminimums.

Auch die Regeln für Privatinsolvenzen dürfen aus Sicht der Schuldnerberater nicht wieder verschärft werden. Gelockert worden waren diese zur Jahresmitte 2021. Die Entschuldungsdauer liegt seither vorübergehend bei drei Jahren. Mitte 2026 soll die Entschuldungsdauer aber auf fünf Jahre steigen, so das Vorhaben. Das wäre aus Sicht der ASB “fatal”, sie will die dauerhafte Möglichkeit für Privatschuldner, sich binnen drei Jahren entschulden zu können, so Mitterlehner.

Um nicht in den Schuldenstrudel zu gelangen, hat die Schuldnerberatung viele Tipps:

• Einen ehrlichen Überblick über Einnahmen und Ausgaben schaffen, etwa mit einem Haushaltsbuch

• Einsparpotenzial suchen, Mitgliedschaften und Abos überprüfen, ob sie tatsächlich nötig sind

• Ansprüche auf finanzielle Unterstützung und Sozialleistungen klären

• Bargeld verwenden und die Karte daheimlassen, um Spontankäufe zu vermeiden

• Das Konto nicht überziehen. Ein Kontoüberzug ist ein sehr teurer Kredit – und keine “Einkaufsreserve”

• Vorsicht vor den Auswirkungen von “gefährlichen Schulden” bei Miete, Energiekosten, offenen Strafen oder Alimenten

• Vorbeugend kostenlose Unterstützung bei der Budgetberatung holen, um einen besseren Überblick über Optimierungsmöglichkeiten der eigenen finanziellen Situation zu bekommen

• Kostenlose Unterstützung bei der Schuldenberatung holen, wenn die Schulden nicht mehr fristgerecht bezahlt werden können

• Nicht zu lange warten. Je früher man sich Hilfe holt, desto besser kann geholfen werden.

Haben oder hatten Sie schon einmal große finanzielle Schwierigkeiten?