Man kann das in der Höhe überraschend deutliche Stichwahl-Ergebnis mit annähernd 60 Prozent des neuen Innsbrucker Bürgermeisters Johannes Anzengruber (44) auf zweierlei Art interpretieren. Erstens: Man benötigt die ÖVP nicht zwingend, um wertkonservative, bürgerliche Wähler zu motivieren. Anzengrubers Liste “ja- jetzt Innsbruck” hat dies am Sonntag eindrucksvoll vorgemacht. Oder zweitens: “Ich bin überzeugt, dass mit dieser Entscheidung der erste Schritt für einen Neuanfang in Innsbruck gesetzt wurde und in Zukunft eine Politik der Mitte für die Innsbrucker Bevölkerung umgesetzt wurde”, wie es der ÖVP-Generalsekretär in einer Aussendung ausdrückte.

Eine anständige und faire Geste von Christian Stocker. Aber auch ein bitterer Kniefall der Volkspartei vor Johannes Anzengruber. Zur Erinnerung: Es war die ÖVP, die ihren ehemaligen zweiten Bürgermeister abserviert hatte. Weil sie unbedingt den glücklosen Ex-Staatssekretär Florian Tursky (35) ins Rennen schicken wollte und hierfür fragwürdige Ermittlungen der Wirtschaftsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Anzengruber zum willkommenen Anlass nahm, diesen aufs Abstellgleis zu verfrachten.

ÖVP unterstützte Anzengruber immerhin vor Stichwahl

Die Rechnung ging vor zwei Wochen daneben. Der nach Tirol entsorgte Staatssekretär Tursky schaffte es nicht einmal in die Stichwahl, in der Anzengruber mit seiner eigenen Liste triumphierte. Immerhin: Nach dem ihr eigener Kandidat untergegangen war, unterstützte die ÖVP ihren verlorenen Sohn zumindest vor dem alles entscheidenden Urnengang.

Ob dies eine ausreichende Satisfaktion für den einst schwer gekränkten neuen Bürgermeister sein wird, bleibt abzuwarten. Genauso wie die künftige Rolle der ÖVP in der Innsbrucker Kommunalpolitik. Gibt es die Wiedervereinigung zwischen “ja – Innsbruck jetzt” und der ÖVP? Seine Präferenzen hat Ex-Gastronom Anzengruber noch am Abend seines Sieges erklärt. Er wird zunächst mit den Grünen sprechen.

Keine gute Nachricht für General Stocker und seine Volkspartei.