Der Tipp kam wie so häufig von einem ausländischen Dienst. Die Agenten warnten ihre deutschen Kollegen eindringlich vor Tarik S., der auf einschlägigen Internet-Kanälen angekündigt hatte, endgültig als Märtyrer sterben zu wollen. Nach dem Terroranschlag der Hamas auf Israel und den daraus landesweit resultierenden pro-israelischen Solidaritäts-Kundgebungen drohte er mit einem Blutbad. Nach Überzeugung der Ermittler, wollte er in Nordrhein-Westfalen mit einem Lkw in einr Demo rasen. “Er wollte, dass dabei möglichst viele Unterstützer Israels sterben”, ist der Bundesnachrichtendienst überzeugt.

Tarik S. haben die Staatsschützer seit 2013 auf dem Schirm, inzwischen wird er als Hochrisiko-Gefährder geführt. Schon vor zehn Jahren schloss sich der Bielefelder dem so genannten Islamischen Staat (IS) in Syrien an, wurde bei den Jihadisten zu “Osama al Amani” –  Osama, dem Deutschen. Er wurde zu einem der bekanntesten Gesichter des IS, in Propaganda-Videos verherrlichte er die Gräueltaten der Islamisten.

Doch als er aus seinem “Heiligen Krieg” nach Deutschland zurückkehrte, empfingen ihn die Sicherheitsbehörden am Flughafen, steckten ihn hinter Gitter. 2017 verurteilte ihn das Oberlandesgericht Düsseldorf zu fünf Jahren Haft wegen terroristischer Vereinigung.

Im Gefängnis scheint sich Tarik S. weiter radikalisiert zu haben. Ähnlich wie auch der Wien-Attentäter Kujtim F. (20), der erst in der Justizanstalt zum geistigen Mörder wurde und am 2. November 2020 schließlich in der Wiener Innenstadt vier unschuldige Zufallsopfer ermordete.

Sonderschule, keine Ausbildung, stattdessen "Heiliger Krieg"

Der Bielefelder, der zuletzt mit Gleichgesinnten in einem Mehrfamilienhaus in der Ruhr-Metropole Duisburg lebte und dort auch festgenommen wurde, wurde schon früh zum Fanatiker. Nach der Sonderschule wollte er keine Ausbildung machen und sich nur auf seinen Glauben konzentrieren. Im Frühjahr 2013 reiste er zu religiösen Studien nach Ägypten. Dort angekommen erlitt er bei Unruhen in Kairo eine Schussverletzung am Oberschenkel. Nach seiner Rückkehr im Sommer 2013 sei er dann vollkommen verändert gewesen, sagten sie, verbohrt, fanatisch. S. besuchte Veranstaltungen salafistischer Prediger wie Pierre Vogel, bei denen er aus seiner Weltanschauung keinen Hehl mehr machte.

Seine Mutter glaubte jedoch auch nach Tariks Ausreise noch, ihr Sohn sei vor allem aus Idealismus nach Syrien gereist: “In den Moscheen wurde immer geredet: ‘Wir sind zu schwach, wir können nichts machen, außer beten.’ Da hat er sich gedacht: Ich bin aber nicht schwach, also muss ich da hin, um den Geschwistern zu helfen”, sagte Daniela K. einst in einem TV-Interview.

Nach seiner Haftverbüßung in Deutschland, musste er auf freien Fuß gesetzt werden, stand aber weiter unter Beobachtung von Terrorismus-Experten. Bis diese die tickende Zeitbombe am Dientag noch rechtzeitig aus dem Verkehr zogen.