Über Jahrzehnte wurde die Länge von Italiens Küste mit 8000 Kilometer angegeben. Laut der Regierung von Giorgia Meloni ist sie nun plötzlich länger – und das um ganze 3000 Kilometer. Laut den Mitgliedern des “technischen Gremiums”, das die italienische Regierung in dieser Sache berät, sind es exakt 11.172 Kilometer und 794 Meter.

Diese plötzliche Erleuchtung hat natürlich einen finanziellen Hintergrund. Die EU betrachtet die sogenannten “stabilimenti balneari”, also kostenpflichtigen Strände, als illegal, da sie öffentlichen Raum nutzen. Laut EU-Recht (Bolkestein-Direktive von 2006) müssen staatliche Konzessionen regelmäßig neu ausgeschrieben werden, um die Konkurrenz zu fördern. Dies geschieht jedoch nicht.

Die betroffenen 30.000 Strände beschäftigen während der Sommersaison bis zu 300.000 Menschen und generieren einen jährlichen Umsatz von 15 Milliarden Euro. Die Lido-Besitzer möchten diese lukrative Situation offenbar nicht aufgeben.

"Nur über meine Leiche"

Bislang haben sich auch jegliche Regierungen geweigert, den Forderungen aus Brüssel nachzukommen – so auch Giorgia Meloni. Bereits im Wahlkampf hat die Chefin der Fratelli d’Italia versichert, dass “ein Ausverkauf der Lidos nur über meine Leiche erfolgen wird”.

Verfahren eingeleitet

Nun hat die EU-Kommission offenbar genug und die Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Italien eingeleitet. Sollte Italien der EU jedoch nachweisen können, dass die betroffenen Strände kein “knappes Gut” sind, wären sie von der Bolkestein-Direktive ausgenommen.

Die “stabilimenti balneari” erstrecken sich jedoch nur über 2143 Kilometer der nun mehr als 11.000 Kilometer langen Küste. Die betroffenen Strände machen somit nur etwa ein Fünftel der gesamten Fläche aus. Wenn die Regierung der EU-Kommission das überzeugend erklären kann, könnte das Verfahren beendet werden.