Quer durch Europa beginnen die Behörden Yachten und anderes Hab und Gut russischer Oligarchen zu beschlagnahmen. Auch in Österreich besitzen Angehörige der russischen Oberschicht noble Villen in Döbling, Penthäuser an der Wiener Ringstraße, Chalets in Kitzbühel, Schlösser am Attersee. Hinzu kommen Flugzeuge, Yachten und Firmenanteile in Stiftungen.

Doch in Wahrheit kann man den vermeintlichen oder tatsächlichen Putin-Freunden ihr Hab und Gut nicht ganz einfach so entwenden, wie ein Wiener Top-Anwalt gegenüber dem eXXpress festhält. Das ist nämlich verfassungswidrig und kann daher von den Betroffenen vor Gericht angefochten werden – garantiert mit Erfolg.

Enteignung per Bescheid scheitert vor dem Handelsgericht

Die Regierung könnte zunächst versuchen, vermögende Russen per Bescheid enteignen zu lassen. Nachdem die Polizei den Betroffenen die Besitztümer entwendet hat, wird man von Fall zu Fall überprüfen müssen, ob die eben enteigneten Besitzer ihr Vermögen rechtmäßig erworben haben oder nicht.

Alexander Matytsyn, Vizechef des Ölkonzerns Lukoil, erwarb vom Banker Bernd Ramsauer 2013 eine luxuriöse Villa in Wien-Döblinggetty

Die um ihr Eigentum gebrachten Russen werden aber in der Zwischenzeit nicht untätig bleiben. Sie werden umgehend ihre Anwälte aktivieren. Die Angelegenheit wird vom Finanzamt zum Handelsgericht wandern. Falls man dort – wovon auszugehen ist – zum Schluss kommt, dass alles Eigentum rechtmäßig erworben wurde , muss es den Besitzern umgehend rückerstattet werden. Gut möglich, dass das Gericht für diese Entscheidung ein paar Minuten braucht.

Enteignung per Gesetz scheitert vor dem Verfassungsgerichtshof

Eine andere Möglichkeit werde, per Gesetz alle russischen Oligarchen in Österreich zu enteignen. Das Problem: Dieser Beschluss hält nicht vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH). Es geht nämlich um einen Eingriff in das persönliche Eigentumsrecht, und das hat Verfassungsrang. Es müsste an der Enteignung schon von massives öffentliches Interesse bestehen – etwa bei Strommasten und ähnlichem – damit ein solcher Eingriff rechtens ist. Doch davon ist bei Yachten und Villen nicht auszugehen.

Dieses Problem stellt sich übrigens nicht nur in Österreich, sondern auch in sämtlichen anderen europäischen Staaten, ob nun in der Schweiz, in Monaco, Frankreich oder im Vereinigten Königreich.

Die Enteignung russischer Oligarchen tut Putin nicht unbedingt weh

Somit dürfte die Republik mit der Enteignung russischer Staatsbürger in Österreich nicht sehr weit kommen. Einige Russland-Kenner bezweifeln im Übrigen auch an deren Sinnhaftigkeit. Zum einen sind manche Oligarchen nicht in den Putin-Jahren reich geworden, sondern schon zuvor in den 1990er Jahren. Selbst jene, die erst in den vergangenen 20 Jahren ihr Vermögen aufgebaut haben, gehören nicht zwingend zu Putins engstem Freundeskreis. Insofern darf bezweifelt werden, dass diese Enteignung dem russischen Präsidenten selbst überhaupt weh tun. Einige russische Multi-Millionäre haben ihr Vermögen durch harte Arbeit, schlaues Investment und originelle Geschäftsideen erwirtschaftet. Es ist nicht ohne weiteres einzusehen, dass man sie dafür bestrafen soll.

Dem russischen Geschäftsmann Roman Abramovich gehört....getty
.... ein 27-Millionen-Haus am Wiener Kohlmarkt.getty