
Jason Turner: Genuss im Glas – Weingut Kollwentz Blaufränkisch Ried Point 2013
Es ist früher Abend nach einem recht anstrengenden Wochentag. Nur noch ein paar Lebensmittel vom Supermarkt am Heimweg einkaufen und dann ab in den Feierabend. In der Warteschlange bei der Kassa treffe ich eine Nachbarin, die ich schon länger nicht mehr gesehen hatte. Sie erzählt mir, dass sie und ihr Mann gerade in ihr Sommerhaus am See für den Sommer gezogen sind. Mag ich mal auf ein Glas Wein vorbeikommen soll? >>Ja gerne<< antworte ich, >>gleich heute Abend??<<. Ja, ich bin oft spontan und ich habe mich auf Gesellschaft und Gespräche mit einem Glas Wein sehr gefreut.
Neunzig Minuten später war ich schon da und wurde gebeten, eine Flasche Rotwein von fünf bereitgestellten Edeltropfen aus dem gutsortierten Weinkeller auszusuchen. Die Auswahl fiel mir schwer, da mich alle fünf Weine sehr interessiert hätten. Der Blaufränkisch vom Weingut Kollwentz aus Großhöflein bei Eisenstadt hat gewonnen und ich zog den perfekten Korken aus der Flasche Blaufränkisch Ried Point aus dem hervorragenden Jahrgang 2013. Es kamen köstliche Aromen entgegen: Reichhaltige Nuancen von Brombeeren, feinen Eichennoten und dezenter Würze. Drei Gläser wurden eingeschenkt und der Blaufränkisch war der erste Diskussionspunkt….
>> Guter Wein schmeckt köstlich, wenn er gemeinsam mit guten Freunden getrunken wird <<
Die erste urkundliche Bezeichnung bei den herausragendsten Weinbergen in den begehrtesten Weinbauregionen ist ein Zeichen der Wertschätzung für die Weine, die aus dieser Lage gekeltert werden. Beispielsweise wird die Legende des Weinbergs Romanée-Conti in der Burgund erstmals im Jahr 1232 erwähnt. Wenn Sie zudem das Wort >>Clos<< vor einem Weinbergsname lesen, bedeutet dies normalerweise, dass es sich um einen hoch angesehenen Weinberg handelt, der von einer Steinmauer umgeben ist. In Großhöflein sieht es eigentlich nicht viel anders aus. Die allererste urkundliche Erwähnung der Ried Point geht auf das Jahr 1570 zurück. Der Name >>Point<< bedeutet übrigens >>eingezäunt<< und verweist damit auf die herrschaftliche Lage direkt neben dem Großhöfleiner Edelhof. Es gibt also keinen wirklich großen Unterschied, oder?
Das Weingut Kollwentz besitzt hier seit Generationen Weinberge. Der Riedpunkt liegt südseitig im wärmsten Hangbereich des Leithabergs, auf einer Höhe zwischen 195 und 212 Metern. Seine Gesamtfläche beträgt nur fünfeinhalb Hektar, wovon die 1,93 Hektar große Parzelle von der Familie Kollwentz bewirtschaftet wird. Die Riedspitze liegt westlich des Ortes Großhöflein und erstreckt sich vom Edelhof neben der Kirche bis zur alten Poststraße Richtung Sopron. Die aus Geröll aufgebauten kalkhaltigen Lehmböden (Mergel genannt, der dem Burgund nicht unähnlich sind) mit ihrer hohen Wasserspeicherfähigkeit lassen den extraktsüßen, charaktervollen und vielschichtigen Blaufränkisch aus der Einzellage Ried Point entstehen.
Die Familie Kollwentz trägt ein Stück österreichische Weinbaugeschichte
Als Genießer reiferer Weine freue ich mich, dass immer mehr Weinkarten in Bars und Restaurants gereifte österreichische Rotweine aus geschätzten Jahrgängen anbieten. Das ist eine positive (und preiswerte) Ergänzung zu ihrer Auswahl von Flaschen aus Frankreich, Italien und Kalifornien. Ein feiner Blaufränkisch kann jahrzehntelang reifen und sorgt weiterhin für pures Trinkvergnügen und Genuss.
Wichtige Fakten:
Weingut Kollwentz Römerhof
Hauptstraße 120
A-7051 Großhöflein
Bezugsquellen: aktuelle Jahrgang 2019, inkl. 2018 und 2017 ab Hof (EUR 60,-), sowie im gut sortieren Weinfachhandel.
Rebsorte: 100% Blaufränkisch, 13,5% Alkohol, trocken
Am besten genießbar bei 16°Celsius – kurz vorher dekantieren und im mittelgroßen Weingläsern einschenken
Lagerfähig bis 2040+
Bewertungen für Blaufränkisch Point 2013
94 Punkte Falstaff Weinguide
19 Punkte Gault Millau
95 Punkte A la Carte
4 Sterne Vinaria
Kommentare
Ja, kenne ich schon viele, viele Jahre!
Turner zu lesen ist immer eine wunderbare Arznei gegen den immer toxischeren Alltag aus Verboten, Verbrechen und Verwirrungen: endlich wieder Neues vom Flaneur, der den wirklich wichtigen Dingen auf der Spur ist: in prächtigen Städten oder schönen Gegenden auf der Suche nach neuen Impressionen, Rebensäften und weiteren kultivierten Vergnüglichkeiten (wie wir vermuten dürfen). Immer ein Gewinn und erinnerungserweckend an gute alte Zeiten vor dem Niedergang.