
Jason Turner: „Von Ski-Stars zum Winzerpaar“
Top-Sommelier und Weinakademiker Jason Turner entführt uns ab heute in die Welt des Weines. In seiner ersten Kolumne widmet er sich dem französischen Winzerpaar Florence und Daniel Cathiard und seinen außergewöhnlichen Weinen.
Es ist schön, wenn man die Leidenschaft zum Beruf machen kann, und das ist dem Ehepaar Florence und Daniel Cathiard wahrhaft gelungen. Bekannt wurden die Cathiards ursprünglich als Skirennfahrer im französischen Olympiateam der späten 1960er Jahren, wo sie gemeinsam mit dem mehrfach Hahnenkamm-Sieger Jean-Claude Killy im Team waren. Um die Nerven vor einem großen Rennen zu beruhigen, gönnten sie sich gelegentlich am Vorabend ein Glas vom roten Bordeaux. Viele Jahren vergingen bis das dynamische Duo mehrere erfolgreiche Unternehmen führte und schließlich verkaufte, um sich im Jahre 1990 seinen großen Traum als Winzerpaar und Eigentümer vom Château Smith Haut Lafitte zu erfüllen.
Weinproduktion seit 1365
Smith Haut Lafitte ist eines der ältesten Weingüter von Bordeaux und produziert bereits seit 1365 Weine. Sein Namensgeber war der schottische Weinhändler George Smith, der die Spitzenqualitäten der Weinbauregion Graves (bedeutet Kies oder Schotter) bereits im 18. Jahrhundert erkannt hat. Hier werden auf Augenhöhe hervorragende Weißweine (Sauvignon Blanc, Sauvignon Gris, Semillon) und Rotweine (Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc, Petit Verdot) gekeltert. Das Geheimnis liegt im so genannten Günz gravel – der Rolls Royce unter den Kieselstein Terroirs, die in Verbindung mit jahrelangen Optimierungen und biodynamischen Methoden im Weingarten sowie traditioneller Handarbeit im Weinkeller zu den heutigen Spitzenqualitäten geführt hat.
Smith Haut Lafitte Blanc aus 2006 – der beste Bordeaux Blancs des Jahrgangs
Der Breakthrough war der Smith Haut Lafitte Blanc aus 2006, der für mich der beste Bordeaux Blancs des Jahrgangs war, gefolgt vom roten Smith Haut Lafitte 2009, der mit 100 Parker Punkten ausgezeichnet wurde. Neulich durfte ich den 2009er probieren: Er zeigt verführerische Aromen von reifen Walderdbeeren und Zwetschke, saftige Heidelbeeren über Bitterschokolade sowie einen Hauch von Orangenschale. Konzentriert und kräftig am Gaumen mit samtigen Tanninen und einen feinem frischen Finish. Der 2009er schmeckt hervorragend und wird sich noch für 20 bis 40 Jahre weiterentwickeln.
Seither hielten übrigens alle Vintages ihre Qualitätsversprechungen. Aktuell ist der Vintage 2019 erhältlich, der mitten in der Top-Bordeaux-Trilogie von 2018/2019/2020 sitzt. Er ist zwar noch jugendlich und etwas verschlossen, wird aber jeden Tag charmanter.
Wichtige Fakten:
Weinbaugebiet: Pessac Léognan, Graves
Größe: 67 Hektare für Rotwein, 11 Hektare für Weißwein
BIO-Zertifiziert (2019)
Jahrgang 2019: Bezugsquellen weinwelt.at / weinco.at € 139,-
2020 (verfügbar ab Mai 2023)
2021 (offene Subskription – Lieferung Frühjahr 2024)
Kommentare
Für €139.- bekomme ich fast sechs Flaschen “Opus Eximium” von Gesellmann oder drei Flaschen “Perwolff” von Krutzler. Ich hoffe, Mister Turner stellt in Zukunft leistbare Weine bis €20.- vor.
Verehrter Frundsberg,
der Eingeweihte kauft namhafte Weine aus Bordeaux via Subskription, nicht im herkömmlichen Weinhandel, und spart damit viel Geld. Außerdem vergleichen Sie, wenn die Analogie gestattet ist, den Preis für einen 2CV oder einen Dacia Logan mit dem für einen E-Klasse-Mercedes. Das ist, angesichts der gebotenen Qualität, problematisch.
Ob österreichische Rotweine im internationalen Vergleich konkurrenzfähig sind oder nicht, obliegt natürlich der Beurteilung jedes Konsumenten. Bei Weißweinen ist das sicher unbestreitbar.
Geschätzter Herr Tögel,
über Geschmack lässt sich immer streiten, erst recht über “Qualität” von Weinen. Die Suche nach den “besten”, “höchstbewerteten” Weinen treibt seltsame Blüten und allzu oft sind sich ja nicht einmal die vielen Weinkritiker und “Weinpäpste” einig.
Die Subskription französischer Weine habe ich in den Neunzigern hinter mir gelassen und überlasse sie gerne chinesischen Bonzen, der Chichi-Gastronomie und den vielen “Labeltrinkern”.
Krutzlers “Perwolff” mit einem “2CV” zu vergleichen halte ich zwar für kühn, aber immerhin hatte die französische Ente Charme und viele Liebhaber.
Ich bleibe dabei: Hoffentlich präsentiert uns Mister Turner interessante Weine um die 20 Euro!