Vor einigen Tagen schon führte der österreichische Bundeskanzler Telefongespräche mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Ministerpräsident Denys Schmyhal, dem Präsidenten des Internationalen Roten Kreuzes Peter Maurer und auch dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Am heutigen Nachmittag telefonierte er nun im Sinne der Neutralitätspolitik, die eine offene Kommunikation mit beiden Seiten hoch hält – mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Gefangenenaustausch und grüne Korridore

Um 15 Uhr mitteleuropäischer Zeit griffen Nehammer und Putin zum Hörer. Vorab sickerte durch, dass das Gespräch zwischen den beiden Staatsmännern die Möglichkeit eines Gefangenenaustauschs von ukrainischen und russischen Kriegsgefangenen gewesen sein soll – ein heikles Thema, das seit dem Fall des Azov-Stahlwerks in Mariupols und der Kapitulation der letzten ukrainischen Kämpfer dort heiß disukutiert wird. Aber auch über die Schaffung von sicheren grünen Korridoren habe er mit dem Kremlchef sprechen wollen, wie Bundeskanzler Nehammer vorab wissen ließ.

Was nun tatsächlich besprochen wurde, welcher Ton herrschte und ob und welche Ergebnisse erzielt wurden, dazu wollte Nehammer ab 16 Uhr Stellung nehmen – die Pressekonferenz verzögerte sich um 20 Minuten. Der eXXpress hat die wichtigsten Ergebnisse des Telefonats für Sie zusammengefasst:

Nehammer: "Wir stehen an der Seite der Ukraine"

“Österreich versteht sich als Land der aktiven Neutralitätspolitik – das heißt, dass wir mit allen Kriegsteilnehmern reden” erklärte Nehammer gleich zu Beginn seines Satements – stellte aber auch klar, dass “wir den Aggressor klar benennen”. In der Folge machte Nehammer aber auch klar, dass Österreich “auf der Seite der Ukraine” stehe.

Das Gespräch mit Putin selbst beschrieb Nehammer als “sehr intensiv und sehr ernst” – aber auch “offen und direkt”. “Mein Telefonat mit Präsident Putin war offen und direkt. Es ist ein wichtiger Teil unserer aktiven Neutralitätspolitik, auch mit mit dem russischen Präsidenten trotz aller sehr großen Differenzen das direkte Gespräch zu suchen. Ich sehe es als meine Pflicht, nichts unversucht zu lassen, um eine Einstellung der Kampfhandlungen oder zumindest humanitäre Fortschritte für die notleidende Zivilbevölkerung in der Ukraine zu bewirken.”

Putin sicherte Rotem Kreuz Zugang zu Kriegsgefangenen zu

Wie bereits vorab angekündigt erklärte Nehammer, dass er mit Putin über einen möglichen Gefangenenaustausch gesprochen hatte und dies von sich aus aktiv angesprochen hatte. Es gibt hier derzeit keinen, doch habe Putin sehr wohl seine Bereitschaft signalisiert habe, hier trotz des großen Misstrauens, das zwischen den ukrainischen und russischen Parteien herrscht, dies auch wieder an den Verhandlungstisch zu bringen. Zugesichert habe Putin, dass das Internationale Rote Kreuz Zugang zu den Kriegsgefangenen bekommen wird. Selbiges habe er aber auch von der Ukraine eingefordert, so Nehammer.

Auch die grünen Korridore für Weizenexporte sowie “wie und was an Möglichkeiten überhaupt da ist in diesem fatalen Kriegsgeschehen” den Menschen vor Ort humanitäre Hilfe zukommen zu lassen, seien wichtige Gesprächsthemen gewesen, so Nehammer. “Hier geht es um viel”, betonte Nehammer. “Im Krieg ist leider viel zu viel möglich”.

Nehammer nimmt auch positives aus dem Gespräch mit

“Ich nehme aus dem heutigen Gespräch drei wichtige Dinge mit: Putin habt positive Signale gegeben, eine Lösung für den Export ukrainischer Güter über die Seehäfen des Schwarzen Meers zuzulassen. Das werde ich auch dem UN-Generalsekretär berichten, damit die UNO ihre Mission dafür nutzen kann, um hier eine Lösung zu finden, die die Ernährungssicherheit der Welt ermöglicht. Zum zweiten hat Putin versichert, dass die Bemühungen um einen Gefangenenaustausch wieder intensiviert werden, er ist zuversichtlich, dass ein solcher Austausch bald wieder möglich ist. Drittens hat Putin zugesichert, dass das Internationale Rote Kreuz freien Zugang zu Kriegsgefangenen bekommt, allerdings hat er auch verlangt, dass dieser Zugang auch zu russischen Kriegsgefangenen in der Ukraine gewährt wird”, fasste Nehammer sein 45-minütiges Telefonat mit dem Kremlchef schlussendlich zusammen.