Über 1900 Kilometer hätte die umstrittene Pipeline Bitumen-Öl von der kanadischen Provinz Alberta bis an die Golfküste der USA transportieren sollen. 830.000 Barrel Rohöl pro Tag in der Spitze. Das Projekt hätte, so seine Befürworter, rund zwei Milliarden Euro alleine zu Kanadas BIP beigetragen. Der frühere US-Präsident Donald Trump versprach bis zu 28.000 Jobs auf beiden Seiten der Grenze, die nur der Bau der Pipeline generiert hätte. Durch das Öl aus Kanada hätte Nordamerika zudem ein Stück Unabhängigkeit gegenüber Staaten wie Saudi-Arabien gewonnen.

„So behandelt man keinen Freund“

Der Premier der kanadischen Provinz Alberta Jason Kenney zeigte sich wütend: „Es ist ein Schlag in die Magengrube … So behandelt man keinen Freund.“ Und selbst Kanadas Premierminister Justin Trudeau, der sich dem Umweltschutz und dem Kampf gegen Fossile Energie verschrieben hat, bedauert die Entscheidung des US-Präsidenten, die Pipeline zu stoppen.

„Präsident Bidens Entscheidung, Keystone XL an seinem ersten Tag abzulehnen, signalisiert eine neue Ära“, jubelte hingegen Anthony Swift vom „Natural Resources Defense Council in Washington“, einer der zahlreichen Umweltorganisation, die die Ölförderung aus Ölsand kritisierten. Für die Umweltschützer ist Öl aus den Teersänden „schmutziges Öl“. Es wird aus dem dickflüssigen Bitumen gewonnen, die Förderung ist energieintensiv und teuer.

-Jason Connolly / AFP

Der frühere US-Außenminister John Kerry, der im Kabinett Bidens als Klimabeauftragter fungiert, wollte die Kritik der Pipeline-Befürworter bezüglich der verlorenen Jobs nicht gelten lassen. Die Leute die heute in Gas oder Öl-Jobs arbeiten, können in Zukunft ja Solaranlagen montieren, richtete er im Rahmen einer Pressekonferenz aus. Ein Statement, für welches ihm vor allem viele Republikaner „unglaubliche Arroganz“ vorwerfen.

Tatsächlich stehen viele betroffenen Arbeiter nun vor dem Nichts. „Für die Schweißer ist es vielleicht möglich, neue Arbeit zu finden. Aber was soll ich machen? Ich habe noch nie ein Windrad gebaut“, spricht ein Vorarbeiter gegenüber dem US-Fernsehsender CBS vielen seiner Kollegen aus der Seele.

Dass Joe Biden an seinem ersten Tag im Oval Office die Keystone XL Pipeline stoppte, ist jedenfalls für viele Beobachter ein Sinnbild dafür, was von seiner Präsidentschaft zu erwarten sein wird. Der Umweltschutz steht über heimischen Jobs und strategischen Interessen. Amerika kommt für Biden nicht an erster Stelle, wenn er ein höheres Ziel zu erreichen hofft.

Make War For Oil Great Again?

„Make war for oil great again?“, fragen sich seit der Wahl Bidens zum US-Präsidenten viele seiner Kritiker immer wieder. Denn während die einen darüber jubeln, dass die Ellenbogenpolitik von Donald Trump der Vergangenheit angehöre, sorgen sich andere, dass die USA in Zukunft wieder vermehrt auf anderen weltpolitischen Bühnen auftreten werden.