Qualitätsvolle Messer sind bei passionierten Köchen auch in Corona-Zeiten gefragt. Inmitten der Pandemie konnte sich ein junger Kunstschmied mit seinem neuen Unternehmen als gefragter Hersteller erstklassiger Küchen- und Jagdmesser etablieren. Hobbyköche schätzen die Qualität und bestellen bei ihm über seinen Internetauftritt Exponate nach ihren Vorstellungen. Die Kundschaft wächst.

Schmiede in verfallener Fabrik errichtet

Anfang 2020 richtete sich Hangler seine große Schmiede am Stadtrand von Strassengel, fünf Minuten von Graz, ein. Er baute dafür ein 230 Quadratmeter großes, bereits verfallenes Fabriksgelände um. „Meine Schmiede befindet sich an einem Platz, wo ich ansonsten niemandem auf die Nerven gehe“, scherzt Hangler. Er hat eine umfassende Ausbildung absolviert. Abgesehen von seiner handwerklichen Schulung studierte er auch Metallurgie an der Montanuni Leoben.

Wir bringen Erfolgsstories inmitten der Corona-Krise

Hangler profitiert von seinen Kenntnissen in der Stahlforschung und der Wärmebehandlung. Er macht sich sein Know-How zunutze, „damit die Klinge zu einem präzisen und widerstandsfähigem Werkstück wird, das in den richtigen Händen ein Leben und länger hält.“ Besonders wichtig ist das Schleifen der Messer. „Dabei entsteht Wärme. Das kann die Härte des Stahls zerstören. Viele schleifen ihre Messer nach wie vor kochend. Bei dicken Messern fällt das weniger auf, aber bei dünnen Küchenmessern, die sehr scharf sein sollen, merkt man das sofort.“

Hangler ist einer der ersten in Europa, der Messer in Wasser schleift. „Ich habe das bei einer Laborübung in meinem Studium entdeckt.“ Er achtet auf Umweltverträglichkeit und unterstreicht: Dadurch, dass seine Objekte länger halten, spart er CO2.

„Es gibt immer mehr Hobbyköche in Österreich“

Die angefertigten Messer sind keine Massenware. Hangler erledigt bis heute primär Auftragsarbeiten für leidenschaftliche Hobbyköche. „Von ihnen gibt es gar nicht so wenige. Das ist ein wachsender Trend der vergangenen Jahre“, berichtet der Kunstschmied. „Es ist mir ein Anliegen, auf die individuellen Wünsche der Kunden einzugehen. So einzigartig wie jeder Mensch auch sein Werkzeug sein. Die größte Freude für mich liegt darin, Werkzeuge zu schaffen, die täglich Freude bereiten, sich durch Qualität auszeichnen und von dauerhaftem Wert sind.“ Künftig möchte er aber vermehrt Stücke nach seinen eigenen Vorstellungen machen.

Die Nachfrage ist groß, vor allem dank Mundpropaganda. „Die Leute schätzen es, mit einem scharfen Messer zu Hause zu kochen, und nicht mit einem 3-Euro-Messer, das sie wenig später wegschmeißen.“ Tobias Hangler hat mittlerweile auch Stammkunden. Manche bestellen auch Äxte.

Zweitägige Schmiedekurse für Interessierte

Wann immer es die Corona-Bestimmungen zulassen, bietet Tobias Hangler auch zweitägige Schmiedekurse an, bei denen jeder Teilnehmer sein eigenes Messer anfertigt. „Erstaunlich, was aus einem Stück Damast Stahl, aus 320 Lagen bestehend, letztendlich geworden ist“, erzählt ein Teilnehmer aus Graz. „Hangler vermittelte mir erstaunlich viel von seinem Fachwissen, sowohl als Metallurge als auch als Messerschmied. Es war eine gute Balance zwischen Theorie und Praxis und gewährte tiefe Einblicke in die Schmiedekunst.“

Das hergestellte Messer sei nicht nur optisch hervorstechend, sondern liege auch „angenehm in der Hand und hat die Schärfe eines Rasiermessers. Ein Unikat, das große Freude bereitet und bei guter Pflege sicher noch einige Generationen erfreut. Ein Muss für alle Profis und Hobbyköche.“

Hangler entdeckte seine Leidenschaft mit 16 Jahren

Hangler entdeckte bereits 2006, im Alter von 16 Jahren, seine Leidenschaft für die Schmiedekunst, ein Jahrtausende altes Handwerk. Seither übt er beinahe täglich. „Bereits nach den ersten Hammerschlägen auf das glühende Material wusste ich: Es gibt kein Zurück.“

Ihn faszinieren gute Schmiede-Handwerkszeuge, die über zwei Generationen hinweg gut in Schuss sind. So hat er etwa 200 Jahre alte Ambosse bei sich, einer stammt sogar aus dem 17. Jahrhundert. Sie alle werden bei seinen Kursen verwendet. „Der Amboss ist eines der wichtigsten Werkzeuge des Schmiedes. Jeder Schlag ist nur so hart wie der Gegenschlag am Amboss.“

Die meisten Schmiede importieren aus dem Ausland

Tobias Hangler ist zufrieden. „Trotz Corona ist viel weitergegangen.“ Im ersten Jahr musste er seine große Schmiede zunächst erst einrichten. Die Corona-Pandemie machte ihm da insofern nicht allzu sehr zu schaffen, weil er alles erst mal aufbauen musste. „Da hätte ich ohnehin nicht viele Kunden empfangen können.“ Der Kundenkontakt funktioniert seither dank Internet.

Hangler hat ein uraltes, fast ausgestorbenes Gewerbe wiederbelebt. „Die meisten Kunstschmiede sind Bauschlosser. Sie importieren den Rest aus dem Ausland. In meiner Ausbildungszeit habe ich zwar eine Stelle als Kunstschmied gefunden, doch die war eigentlich bei einem Bauschlosser.“

Die Gewerbeordnung erschwerte den Start

Der Jungunternehmer hofft, eines Tages genügend Geld zu verdienen um künftig für sich und seine Familie zu sorgen. „Ich muss noch viel arbeiten, damit sich das ausgeht, denn zurzeit würde ich mit einer 5-Tage Woche nicht über die Runden kommen.“

In der Aufbauphase konnte er von Förderprogrammen der Wirtschaftskammer profitieren. Allerdings kritisiert er die viel zu hohen Auflagen für Unternehmensgründer und die Gewerbeordnung. „Man wird immer wieder an den gleichen Standards wie ein Industriebetrieb gemessen. Je mehr verschiedene Dinge man macht, desto mehr Papiere muss man ausfüllen, desto mehr Richtlinien muss man beachten.“ Bei den vorgegebenen Standards für einen Schlosserei-Betrieb sei Österreich zu bürokratisch. Die Regelungen funktionierten vielleicht für große Betriebe, aber wer erst einmal beginnen möchte, müsse sich auf Monate voll Papierkram einstellen und darauf, sein Startkapital nochmals zu erhöhen. „Für Unternehmensgründer gibt es zwar Hilfsprogramme, doch dafür brauche ich auch wieder Zeit. Man kann ja nicht alles gleichzeitig machen.“