Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs, darunter Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), haben bei ihrem zweitägigen Treffen in Brüssel keine gemeinsame Sprache zur Migration gefunden. Wie bereits am Donnerstag konnte auch am Freitag keine Einigung auf eine Gipfelerklärung dazu beschlossen werden. Ungarn und Polen verhinderten den gemeinsamen Text, nachdem sie kürzlich beim Innenminister-Beschluss zur Reform des europäischen Asylsystems überstimmt worden waren.

Polen und Ungarn gegen verpflichtenden Aufnahme

“Wir haben nicht die Absicht, diese Beschlüsse umzusetzen. Das sagen wir ganz offen”, sagte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban am Rande des EU-Gipfels. Er sprach zudem vom “Migrationskrieg” im Sitzungssaal. Die Haltung Ungarns und Polens sei ein “Freiheitskampf” und kein “Aufstand”, so Orban.

Viktor Orban verteidigt Ungarns und Polens Haltung.

Neben Ungarn hat auch Polen angekündigt, weder Schutzsuchende aufnehmen, noch Kompensationszahlungen leisten zu wollen – wie es die Reform vorsieht. Regierungschef Mateusz Morawiecki drängte auf einer Klarstellung durch den EU-Gipfel, “dass das Verfahren (der Umverteilung der Flüchtlinge) freiwillig bleibt”.

Nehammer zeigt Verständnis

Nehammer hatte hingegen auf möglichst konkrete Gipfelbeschlüsse zum Außengrenzschutz und zu Beziehungen mit Drittstaaten gedrängt. “Wir nehmen zur Kenntnis, dass Polen und Ungarn ihren Protest kundgetan haben”, erklärte Nehammer nach dem Gipfel in einer Mitteilung. Es brauche “generell ein Verständnis für die “jeweiligen Bedürfnisse und Positionen aller Mitgliedsstaaten”. Auch für Österreich sei es wichtig, “dass unsere Interessen auf EU-Ebene berücksichtigt werden.” Gemeinsam mit verbündeten Staaten werde er “weiter darauf pochen, dass den Worten rasch auch Taten folgen”.

Statt der gemeinsamen Erklärung wollte EU-Ratspräsident Charles Michel nun einen eigenen Text veröffentlichen. Die Blockade Ungarns und Polens ist mehr ein symbolischer Akt, Auswirkungen auf den laufenden Prozess für eine europäische Asylreform hat sie keine. Dafür gilt der Beschluss der EU-Innenminister vor drei Wochen. Die EU-Staaten müssen sich auch noch mit dem EU-Parlament auf den endgültigen Gesetzestext einigen, das soll noch vor den EU-Wahlen im Juni 2024 geschehen.