Für Bundeskanzler Karl Nehammer steht fest: Die UNO muss die Verbrechen im Kiewer Vorort Bucha aufklären. Das unterstreicht er während seines Besuchs am Ort des Geschehens. Der eXXpress begleitet den Kanzler dabei. Künftig muss Nehammer zufolge die UNO  auf jeden Fall eine zentrale Rolle zwecks Klärung der Verbrechen spielen: “Die Mühlen der internationalen Gerichtsbarkeit mahlen langsam, aber beständig”.

Nehammer besichtigt auch jenen Bezirk Buchas, in dem die russische Fallschirmeinheit im Kampf aufgerieben wurde. Auf einer Dorfstraße lagen die Wracks russischer Panzer. Beim Vorbeigehen bemerkt der Kanzler: “Auch in diesen Panzern sind junge Menschen gestorben.”

Mehrere russische Truppen waren in Bucha

Die Truppen, die in Bucha kämpften, kamen aus ganz Russland. Nach ukrainischen Angaben waren darunter Fallschirmjäger aus Kostroma und Rjasan, Marineinfanterie aus Wladiwostok, Spezialkräfte aus Tschetschenien, motorisierte Schützentruppen aus Russlands Fernem Osten. Sogar weißrussische Polizisten seien dabei gewesen, behaupten einige der Einheimischen.

Ungeklärt ist bisher nicht nur, welche Einheiten für die Gewalttaten verantwortlich sind, sondern ob sie aus Willkür begangen wurden,  oder ob sie auf Befehle zurückgehen.

Dass die Russen die Morde leugnen und jede Verantwortung generell zurückweisen, erschüttert die Bewohner von Bucha, berichtet eXXpress-Chefredakteur Richard Schmitt. Der Besuch aus Österreich stoße unterdessen auf sehr positive Resonanz: “Beim Besuch von Karl Nehammer merkt man bei jedem Treffen mit Ukrainern, wie extrem wichtig diesen mutigen Menschen dieses Zeichen der Solidarität ist.”

Auch Videos sollen die Schuld Russlands beweisen

Gleichzeitig bekam Nehammer am Samstagnachmittag grausame Schilderungen über die Ereignisse in Bucha zu hören: “Sie wurden mit zusammengebundenen Händen mit Genickschüssen getötet.” Am Rande eines jüngst ausgehobenen Massengrabs erzählten Vertreter der lokalen Behörden, dass die russische Seite behaupte, die Taten seien von Ukrainern begangen worden, um sie den Russen in die Schuhe zu schieben. Es gebe aber Beweisstücke, die das Gegenteil belegen, etwa Videos, die zeigen, dass die Menschen schon vor dem Abzug der russischen Truppen ermordet worden seien. Zudem würden die Forensiker aufzeigen, mit welcher Munition die Taten begangen worden seien.

Man habe auch Familien gefunden, die in ihren Autos getötet und dann gleich neben der Fahrbahn verscharrt worden seien. Zudem seien ganze Dörfer in der Umgebung dem Erdboden gleich gemacht und auch Wohnhäuser in der Umgebung schwer beschädigt worden. Der Kanzler zündete in einer ukrainisch-orthodoxen Kirche Kerzen zum Gedenken der Opfer an.

Zurzeit wird nicht gekämpft – doch wie lange noch?

Die russische Armee hat sich zurückgezogen aus Kiew und dem Umfeld zurückgezogen, und mehr als 300 Tote zurückgelassen. Es dürfte sich um Zivilisten handeln, die mutmaßlich russischen Kriegsverbrechen zum Opfer gefallen waren. Moskau bestreitet die Vorwürfe.

Zurzeit wird hier nicht gekämpft. Die Ruhe vor dem Sturm? Präsident Wolodymyr Selenskyj unterstreicht: “Die Ukraine hat immer gesagt, dass sie zu Verhandlungen bereit ist und nach jeder Möglichkeit suchen wird, diesen Krieg zu beenden. Gleichzeitig sehen wir leider, dass im Osten unseres Landes Vorbereitungen für eine wichtige – manche sagen kritische – Schlacht getroffen werden. Im Osten und Süden sind russische Truppen in großer Zahl stationiert.” Er rechnet mit einer schwierigen Schlacht. “Wir glauben an unseren Kampf und unseren Sieg. Aber wir suchen nach diplomatischen Wegen, um den Krieg zu beenden.”