Am Vorabend des 78. Jahrestags der Befreiung des KZ Mauthausen besuchten Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zusammen mit Vertretern der Bundes- und Landesregierung und der israelitischen Kultusgemeinde ein Nebenlager des ehemaligen Konzentrationslagers, das KZ Gusen.

„Antisemitismus, Rassismus, Totalitarismus, Diktatur, Abschaffung der Meinungsfreiheit und Abschaffung der Demokratie führen zu dem, was wir hier sehen“, sagte Kanzler Nehammer.

Im KZ Mauthausen und seinen mehr als 40 Nebenlagern wurden zwischen 1938 und 1945 190.000 Menschen gefangen gehalten, mindestens 90.000 kamen ums Leben. Gusen galt zwar nur als Nebenlager, in vielen Jahren war die Zahl der Toten dort aber deutlich höher als im Stammlager Mauthausen. Heute gehen Historiker davon aus, dass in Gusen 71.000 Gefangene aus ganz Europa interniert waren, von denen 36.000 zu Tode kamen. Die Bedingungen waren besonders unmenschlich.

Am 5. Mai 1945 wurden insgesamt 65.000 Menschen in Mauthausen und Gusen sowie tags darauf in den Außenlagern Ebensee, Gunskirchen und Steyr durch die US-Armee befreit.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) waren gestern im Beisein von Regierungsmitgliedern und Vertretern der israelitischen Kultusgemeinde im ehemaligen KZ Gusen, einem Nebenlager des KZ Mauthausen

Psychiaterin: "Wir sind heute psychologisch nicht anders als die Menschen damals"

Aus Anlass des Jahrestags der Befreiung des KZ Mauthausen postete der Erzbischof von Wien, Kardinal Christoph Schönborn, einen mahnenden Tweet: “Seid wachsam und vorsichtig, denn solche Sachen gehen ganz schnell. Das ist damals auch so schnell gegangen. Es liegt an uns allen, dass all das Schreckliche nie mehr geschieht.”

Die Gerichtspsychiaterin Heidi Kastner sieht es ähnlich. Gegenüber den “Oberösterreichischen Nachrichten” sagte sie einmal: “Wir dürften uns nicht einbilden, “wir wären ach so gereift und ,Das könnte nie mehr …‘ Das ist Gewäsch! Wir brauchen uns nicht einbilden, dass wir psychologisch anders wären als die Menschen damals und das genetisch unmöglich wäre. Das ist Blödsinn.”

Historisches Bild der Befreiung am 5. Mai 1945

Ein Überlebender des KZ Mauthausen, der Tschechoslowake Ota Sik (1919 – 2004), erinnerte sich einst an die sogenannte “Todesstiege” so:

“Wir mussten unter Geschrei und Prügel – das waren die Kapos … das waren Sadisten – Steine aufklauben … mindestens 20 Kilo, aber da konnte man auffallen und Prügel bekommen, also war es besser, einen 30 Kilo schweren aufzuheben … dann hinauf, auf diesen Steintreppen, da sind immer viele hingefallen, es gab weiter zu Tode Geprügelte … Oben … kamen die SS-Leute und das war für sie die größte Belustigung … auf wen er (Hauptmann, Anm.) zeigte, der muss an den Rand des Steinbruchs … das waren so 80, 90 Meter Tiefe. Dann hieß es: Jetzt springst du. Jeder hat sich ans Leben geklammert, dort kam es zu den fürchterlichsten Szenen, es wurde ums Leben gebettelt, dann wurde er gestoßen …”