Keine Euphorie im Handel: Umfrage ist "ernüchternd, teils beängstigend"
Die Coronakrise belastet weiterhin große Teile der Branche. Das ergab eine Umfrage des Handelsverbands. Lieferverzögerungen, Kostensteigerungen, teilweise niedrige Kundenfrequenz und viel Altware sind das Problem.
Die Coronakrise inklusive Lieferprobleme beschäftigen weiterhin die Handelsbranche. “Die Euphorie ist noch nicht in der Breite angekommen”, sagte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will am Mittwoch im Hinblick auf eine aktuelle Händlerumfrage. Die Befragungsergebnisse seien “ernüchternd” und teilweise “beängstigend”. Will sieht noch immer rund 5000 Handelsbetriebe existenzgefährdet.
"Österreichischer Handel ist in der größte Beschaffungskrise seit Ende des Zweiten Weltkriegs"
Die Vorzeichen für die Handelsbranche sind aber gut: Nach einem Einbruch der Wirtschaftsleistung von 6,7 Prozent im Coronajahr 2020 soll das Bruttoinlandsprodukt heuer laut Schätzungen um 3,9 Prozent wachsen. Die Händlerumfrage zeigt aber ein anderes Bild. Befragt wurden zwischen 2. und 11. Juni mittels Online-Fragebogen 136 unterschiedlich große Mitglieder des Handelsverbands aus allen Branchen. Die befragten Händler erlitten nach eigenen Angaben einen Umsatzeinbruch von durchschnittlich 25 Prozent aufgrund der Coronakrise, für heuer rechnen sie im Schnitt mit einem Umsatzrückgang von 4 Prozent. Bei Investitionen und Beschäftigtenaufbau sind die befragten Betriebe für 2021 zurückhaltend. Die teils geringe Kundenfrequenz führe zu einem Anstieg der Lagerbestände mit Altwaren und gleichzeitig gebe es aufgrund von Lieferverzögerungen zu wenig Neuware, hieß es von manchen Händlern.
Trotz einer “wirtschaftlichen Auferstehung” der Branche heuer im zweiten Quartal sieht auch Handelsverband-Vizepräsident und Unito-Chef Harald Gutschi die Coronakrise noch nicht überwunden. “Der österreichische Handel ist in der größten Krise seit Bestehen der zweiten Republik und in der größten Beschaffungskrise seit Ende des Zweiten Weltkriegs”, sagte Gutschi am Mittwoch bei einem Online-Pressegespräch gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen EY. Besonders lange Lieferverzögerungen gebe es derzeit im Bereich Elektronik, Bekleidung, Holzmöbel, Spielwaren und Sportartikel. Bei Elektronikartikel macht sich der Chipmangel bemerkbar, bei anderen Produkten stark gestiegene Lieferkosten und höhere Erzeugerpreise in Asien. Der Chef von Unito (u.a. Quelle, Otto, Universal) sieht aufgrund der aktuellen Lieferproblematik einen “enormen Margendruck” für die Händler und keine Möglichkeit, die Preiserhöhungen annähernd an die Kunden weiterzugeben. “Das wird uns das ganze Jahr beschäftigten. Wer Ware hat, gewinnt”, so Gutschi.
Rainer Will drängt auf frühere Steuerreform, Senkung der Lohnnebenkosten, Abschaffung der Mietvertragsgebühr
Der Handelsverband-Vizepräsident rechnet aber nur mit einer “temporären Preiserhöhung” im Einkauf und einer Abschwächung bis Jahresende. Bei Unito warte man bei gewissen Produktkategorien – etwa Waschmaschinen oder Kühlschränken -, bis die Lieferkosten aus China wieder deutlich sinken. Gutschi rechnet damit, dass der Höhepunkt der Lieferproblematik bald überschritten sein wird und im vierten Quartal “weitgehende Normalität” herrscht. Politischen Handlungsbedarf sieht der Unito-Chef bei kleinen und mittleren Handelsbetrieben, weil sie es in der unverschuldeten Coronakrise “sehr, sehr schwer” hätten. “Wir brauchen noch eine gezielte Förderung für diese Händler”, sagte Gutschi. Man könne den Strukturwandel nicht verhindern, aber verzögern und mit Förderungen eine Anpassung der Betriebe in den kommenden Monaten und Jahren ermöglichen.
Handelsverband-Geschäftsführer Will forderte erneut von der türkis-grünen Regierung zahlreiche Maßnahmen, um der Branche den Weg aus der Coronakrise zu erleichtern. Der Interessenvertreter drängt unter anderem auf ein Vorziehen der Steuerreform, eine Lohnnebenkostensenkung, Plattformhaftung für Verpackungsentpflichtung, Schutz der Verbraucher vor Fake-Produkten und eine Abschaffung der Mietvertragsgebühr sowie eine globale Mindeststeuer.
Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Regionalität werden ein großes Thema bleiben
Will erwartet im Herbst schwierige Kollektivvertragsverhandlungen aufgrund der derzeit hohen Inflationsrate. Man müsse da “sehr sensibel vorgehen”. Weiters müssten alle Betriebe per Anfang 2022 in den neuen Handels-KV umsteigen, der mit Mehrkosten verbunden sei.
Der Leiter Strategieberatung und Handel/Konsumgüter bei EY Österreich, Martin Unger, empfahl den heimischen Händlern, ihre Strategie zu schärfen und die “Hausaufgaben auf der Kostenebene” zu machen. Es sei zentral, die Einzigartigkeit und die Differenzierung gegenüber Mitbewerbern herauszuarbeiten. Auch bei der Digitalisierung hätten noch viele Betriebe Nachholbedarf, so der Experte. Er rät den Händlern, im Online-Geschäft auf einen eigenen Webshop und Online-Marktplätze zu setzten. Nachhaltigkeit und Regionalität wird nach Ansicht von Unger auch in den nächsten Jahren ein großes Thema im Handel bleiben.
Kommentare
“Bei Elektronikartikel macht sich der Chipmangel bemerkbar, bei anderen Produkten stark gestiegene Lieferkosten und höhere Erzeugerpreise in Asien.”
Ich denke, es ist höchste Zeit, sich schrittweise unabhängig von Asien zu machen !!!
Zuerst sollte man ein paar Milliarden Euro bei den überbezahlten EU-Beamten einsparen!
Und damit ein modernes Chip-Werk in Europa aufbauen!
Das Problem ist, dass die gierigen EU-Beamten dem nicht zustimmen wollen!
Die machen lieber einfache Schildbürger-Streiche! -eine Banane darf nur so … krumm sein… WTF !?! F EU-maniacs.
Kann ich mir nicht vorstellen. Ich kenne viele Leute, die jetzt sogar lieber shoppen gehen als früher ohne Masken. Mit Masken macht das Shoppen ja viel mehr Spass und schaut auch irgendwie besser aus.
vielleicht wäre Komiker ein neues Aufgabenfeld???
Solange die Masken als Symbol des Schreckens vor dem angeblichen Killervirus sichtbar bleiben, wird sich auch sicher nichts an der Konsumfreude ändern. Und die Preiserhöhungen in Handel, Gastronomie, Dienstleistung tragen auch nicht zur Kaufwut bei.
Das Youtube-Interview Narrative #51 – Univ.-Prof. Dr. Franz Allerberger vom 19.6. sollte einer größeren Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. Es hat Sprengkraft!
Wenn man als einziges Land auf der Welt die Menschen nötig – OHNE jede Evidenz – diese absurden 3G Regel zu befolgen, dann braucht man sich nicht wundern. Die vom PR geilen Bubenkanzler in den Medien gefeierten “Öffnungen” sind in Wirklichkeit keine, auch keine Normalität, sondern ein weiteres rechtswidriges gängeln der Bürger und Unternehmen…
Die meisten Experten empfehlen doch, nicht alle Massnahmen auf einmal wegzunehmen und dann blind zu schauen was passiert.
Sie meinen, eine schrittweise Lockerung ist besser…
Sie werden es erwarten können!? Am 1. Juli gibts eh weitere Lockerungen.
Übe dich in Geduld, junger Padawan.
@ Harry
ich komme damit zurecht, aber erzähl das bitte den Kaffeehausbesitzern und den Händlern, die kurz vor der Pleite stehen! Nochmals auf welcher Grundlage? Wo ist die Evidenz?