2014 in Sotchi, 2018 in Pyeongchang und nun 2022 in Peking. Die letzten Olympischen Winterspiele waren an Gigantismus kaum zu übertreffen. Für die Winterspiele in Peking wurden sogar 35 Milliarden Euro ausgegeben. Außerdem mussten neuen Sportstätten erreichtet werden. Die Italiener wollen in vier Jahren bei den Olympischen Winterspielen 2026 einen anderen Weg gehen. Nach den künstlichen Spielen von Sotschi, Pyeongchang und Peking setzen die Italiener auf heimelige Alpen-Wärme und Nachhaltigkeit. Dieser Fokus hat aber seinen Preis, etwa mit extremen Entfernungen zwischen den einzelnen Wettkampfstätten und gleich drei olympischen Dörfern.

Deswegen drängt sich in der Sportwelt immer mehr die Frage auf: Wo können Olympische Winterspiele in Zukunft überhaupt noch ausgetragen werden? Das Internationale Olympische Komitee hofft jedenfalls, dass die Events in Norditalien beispielhaft für die Olympischen Winterspiele sein werden. Damit ist vor allem die Nutzung jener Sportstätten gemeint, die bereits vorhanden sind. Die Skirennfahrer rasen auf den etablierten Weltcup-Strecken von Bormio und Cortina den Berg hinunter, die nordischen Ski-Asse wetteifern im Val di Fiemme. Die Biathleten treten in Antholz an, für Eiskunstlauf wird eine Halle in Mailand bezogen.

Schlussfeier in Verona

Dennoch sollen die Olympischen Winterspiele 2026 spektakulär werden. So soll die Schlussfeier  in der weltberühmten Arena von Verona steigen. Das antike Amphitheater wurde vor zwei Jahrtausenden von den Römern erbaut – viel nachhaltiger geht es kaum.

“Es wäre doch absurd, Orte vorzuschlagen, wo es die meisten Anlagen noch gar nicht gibt”, sagt Vanda Bonardo von der Internationalen Alpenschutzkommission (CIPRA). Die Nutzung von meist vorhandenen Anlagen sei zu begrüßen. Im Hinblick auf den Neubau der Bobbahn von Cortina und der Überdachung der Eisschnelllaufbahn in Baselga di Piné aber hat sie “große Zweifel, ob dies wirtschaftlich und umwelttechnisch nachhaltig ist”, wie die Naturschützerin der Deutschen Presse-Agentur sagt.

Enorme Entfernungen zu den Sportstätten

Doch so schön das alles klingt – einen Haken hat die Sache dennoch: CIPRA rief das IOC und die italienischen Organisatoren im Jänner in einem offenen Brief auf, ihre Olympia-Pläne anzupassen und etwa den Eiskanal von Innsbruck-Igls für Rodeln, Bob und Skeleton zu nutzen. Das Problem: Innsbruck ist 400 Kilometer von Mailand entfernt. Das ist die Kehrseite der Nachhaltigkeits-Medaille: Noch nie waren die wichtigsten Sportstätten bei Winterspielen so weit voneinander entfernt, ein Pendeln dazwischen ist kaum möglich.

Dadurch wird die Vorfreude bei den Italienern natürlich etwas getrübt. Die italienische Skirennläuferin Federica Brignone etwa betonte, dass dass sie in vier Jahren keinen olympischen Geist erwarte bei den zerstückelten Spielen mit der Aufteilung der Sportler auf drei olympische Dörfer. Nicht einmal alle alpinen Ski-Sportler werden an einem Ort sein: Die Männer fahren in Bormio, die Frauen in Cortina. Wenn Stockholm/Aare zum Zug gekommen wären, so gäbe es eine noch größere Entfernung. Zwischen den beiden Orten in Schweden liegen mehr als 600 Kilometer.

Wintersport in Zukunft nur mit verzerrten Spielen?

So oder so: Der Wintersport muss sich auch künftig auf weit verzerrte Spiele einstellen. Barcelona etwa zieht eine Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2030 in Betracht – mit Bob-und Rodelevents in den französischen Alpen, die rund 800 Kilometer entfernt ist. Der Bau einer Eisbahn komme in Spanien nicht in Frage.

Dass zu den logistischen Herausforderungen auch noch meteorologische kommen, erschwert die Suche nach Gastgebern. Durch die Folgen des Klimawandels drohen immer mehr Orte auszuscheiden. Jüngst errechnete eine internationale Studie, dass wegen des aktuellen CO2-Anstiegs von den bisherigen 21 Winterspielorten im Jahr 2050 nur noch vier (Lillehammer, Oslo, Lake Placid und Sapporo) auf verlässlich faire Bedingungen hoffen könnten.

Sapporo gehört auch zum Kandidatenkreis für die Spiele 2030. Die Japaner machen sich große Hoffnungen, sind schon tief in den Planungen. Auch Salt Lake City in den USA und das kanadische Vancouver gelten als mögliche Bewerber. Kärnten kann sich eine gemeinsame Bewerbung für 2034 mit Friaul und Slowenien vorstellen. Um angebliche Interessenten aus Buenos Aires, der Ukraine und Georgien ist es hingegen ruhig geworden.