Kanzler und Vizekanzler befahlen am Freitag ein Krisenkabinett, berieten über die akute Terrorgefahr und auch den verbesserten Schutz der jüdischen Einrichtungen in Österreich. Zitat: “Auch in Österreich werden die Sicherheitsmaßnahmen verändert und die Sicherheitsvorkehrungen bei jüdischen und israelischen Einrichtungen verstärkt. Auch das Bundesheer unterstütze die Polizei beim Objektschutz. Das Innenministerium stehe in engem Kontakt mit der jüdischen Gemeinde. Um Sorgen und Ängste zu mindern, werde die Polizeipräsenz erhöht.”

Die Faktenlage unterschied sich dann in der Nacht auf Samstag doch etwas von der Ankündigung der Bundesregierung: Kein einziger Streifenpolizist, kein WEGA-Beamter, kein Mitglied der Sondereinheit Cobra, kein Militärpolizist, nicht einmal ein Parksheriff stand vor der Hauptsynagoge Wiens, dem Stadttempel der jüdischen Gemeinde an der Seitenstettengasse, als drei Personen die Synagoge zu attackieren. Während die Frau – das zeigt das Video deutlich – “Kill! Kill! Kill!” schrie und mit den Händen pantomimisch eine Maschinenpistole imitierte, hob ein bärtiger Mann einen Jugendlichen hoch, der die israelische Fahne des Stadttempels zu Boden riss.

Die Mittäterin schrie Todesdrohungen vor der Hauptsynagoge Wiens.

Keine sichtbare Polizeibewachung, obwohl 2020 hier das Terrorattentat begann

Ebenso unfassbar wie der fehlende Polizeischutz: Auch Passanten gingen an dieser Szene an der Seitenstettengasse vorbei, wie wenn nichts zu sehen wäre – niemand griff ein, niemand stellte das Paar und den Jugendlichen zur Rede.

Erst wenig später sind auf dem Video zwei Männer zu sehen, die das Trio stellen. Es könnten Kriminalpolizisten sein – bisher hat die Polizei keine Stellungnahme zu dem Vorfall abgegeben.

Dass speziell bei der Hauptsynagoge der jüdischen Community in Wien keine sichtbare Bewachung stattfand, irritiert aus noch einem weiteren Grund: Vor fast genau drei Jahren begann dort der islamistische Terrorist Kujtim F. mit seinem Serienmord. Er wollte in den Stadttempel eindringen, schoss dann um sich, tötete in Wiens City vier Menschen.

Auf allen Social-media-Kanälen gab es bereits in den Nachtstunden emotionale Debatten über den trotz erhöhter Terrorwarnstufe, trotz aggressiver palästinensischer Demonstranten fehlenden Polizeischutz.

Der bärtige Mann hebt den Jugendlichen zur israelischen Fahne, der will sie herunterreissen.
Der Jugendliche nimmt die Fahne und wirft sie auf den Boden.
Zwei Männer stellen dann - erst nach dem Anschlag - das Tätertrio. Es könnten Zivilpolizisten sein - die Polizei hat dies bisher nicht bestätigt.