Die Empörung über die Jury des Österreichischen Filmpreis war schon vor Beginn der Gala in der Marx-Halle Wien gewaltig: Die Künstler-Truppe nominierte den Film “Corsage” in acht Kategorien als Preisträger – immerhin war allen seit langem bewusst, dass dies auch als Statement pro Florian Teichtmeister (43) gewertet werden könnte, der bekanntlich wegen des Besitzes von 58.000 Dateien von sexuell missbrauchten Kindern angeklagt ist.

Während Ex-Burgschauspieler Teichtmeister aber noch immer ohne Prozesstermin seine Freiheit genießen kann und jeden Tag selbst vor Spielplätzen und Volksschulen sitzen könnte, wurde der Streifen “Corsage” mit seiner Darstellung des Kaiser Franz Josef in der Nacht auf heute von den Filmschaffenden in Wien abgefeiert: Vier Filmpreise holte die Sisis-Verfilmung, die noch vor einem Jahr aus dem Oscar-Rennen genommen worden ist – damals war eine Preisverleihung mit der Anklage gegen Teichtmeister moralisch unvereinbar.

Schilderte bei der Gala auch, was sonst noch beim Filmdreh ablief: "Corsage"-Regisseurin Marie Kreutzer

"Corsage"-Schauspieler onanierte vor Maskenbildnerin

Jetzt verteidigte aber nicht nur die “Corsage”-Regisseurin Marie Kreutzer den Auftritt und die Übernahme der Preise bei der Film-Gala, sondern sorgte noch für einen zusätzlichen Skandal. Und sie sagte bei ihrer Rede: Die Causa Teichtmeister sei zu einer Causa “Corsage” gemacht worden. Dabei begegne man den Fragen von Missbrauch überall in der Gesellschaft: “Das ist nicht das Problem von ‘Corsage’, auch nicht der Akademie oder der Filmbranche – das ist unser aller Problem.”

Und Marie Kreutzer nannte dann gleich drei weitere Fälle, um die aktuellen Arbeitsbedingungen bei Filmdrehs aufzuzeigen: So habe ein Filmemacher als “Penisdouble” für einen Darsteller fungiert, der die Oralsexszene mit einer Kollegin nicht realistisch genug darstellen wollte.

Weiters soll in einem anderen Fall ein Darsteller vor der Maskenbildnerin onaniert haben sowie ein anderer Darsteller für eine Hauptrolle verpflichtet worden sein, obwohl eine gerichtliche Wegweisung seiner Lebensgefährtin vorgelegen habe.

Da durfte Florian Teichtmeister noch mit der Crew von "Corsage" mitfeiern: Das Filmfest München, 23. Juni 2022 - also erst im Vorjahr. Die Ermittlungen liefen bereits.

Filmpreis, aber kein Prozesstermin

Dass mit diesen weiteren geschilderten Fällen das dunkle Geheimnis ihres Kaiser-Darstellers weniger abstoßend wird, dürfte zu bezweifeln sein – es könnte eher sein, dass das österreichische und deutsche Publikum zwar diese neue Offenheit schätzt, aber die Frage aufkommt, warum derartige Sex-Skandale auf dem Film-Set erst jetzt berichtet werden.

Marie Kreutzers „Corsage“ gewann in vier Kategorien („Beste weibliche Hauptrolle“, „Beste Kamera“, „Bestes Kostüm- und Maskenbild“). Zumindest bekam Florian Teichtmeister nicht auch noch selbst für seine Kaiser-Darstellung einen Preis – er kann aber wieder im Wiener Edel-Restaurant “Schwarzen Kameel” mit seinen Kollegen auf den gemeinsamen Erfolg anstoßen, einen Prozesstermin hat er ja aufgrund der mittlerweile unerträglichen Langsamkeit der Justiz unter Justizministerin Alma Zadic (Grüne) ja noch immer nicht.