Gewerkschaft, Arbeiterkammer, NGO und Umweltschützer sind für das Vorhaben, sie sehen Nutzen für Menschen und Umwelt. Wirtschaftsvertreter von Wirtschaftskammer (WKÖ) und Industriellenvereinigung (IV) sind dagegen, sie warnen vor einer Überregulierung.

“Wir unterstützen die Ziele der Richtlinie und wollen eine umsetzbare Grundlage”, so Kocher. Aber: “Der aktuelle Richtlinienentwurf ist nicht umsetzbar und wirkt sich stark negativ für Unternehmen sowohl in der EU als auch in den Ländern des globalen Südens aus.”

Im Ergebnis würden viele Pflichten und Haftungsrisiken auf kleine und mittlere Unternehmen überwälzt, sprach Kocher ähnlich der Argumentation der Wirtschaftsvertreter von zuletzt. “Die österreichische Wirtschaft besteht zu 99,6 Prozent aus KMU. Es besteht die Gefahr, dass kleine und mittlere Unternehmen weltweit aus internationalen Lieferketten gedrängt werden. Wir dürfen Europas Position in der Weltwirtschaft nicht schwächen”, so Kocher. “Daher werde ich auf europäischer Ebene für eine Rückkehr an den Verhandlungstisch eintreten, um Verbesserungen im Kompromisstext zu erzielen. Wir haben dazu konkrete Vorschläge, weil wir eine starke, aber umsetzbare Lieferkettenrichtlinie wollen.”

Koalition ist uneins – Kritik von Alma Zadić

Erst dieser Tage war bekanntgeworden, dass sich das gewichtige EU-Mitgliedsland Deutschland ebenso enthalten wolle. Dem Vernehmen nach überlegen das seither einige weitere EU-Staaten. Für eine Annahme des Lieferkettengesetzes ist eine qualifizierte Mehrheit nötig.

Durch das EU-Lieferkettengesetz sollen große Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Größere Unternehmen müssen zudem einen Plan erstellen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit der Einhaltung der Pariser Klimaziele zur Begrenzung der Erderwärmung vereinbar sind. In einer Auflistung des Wirtschaftsministeriums, wie sich eine Umsetzung der derzeit geplanten Richtlinie auswirken würde ist unter vielen Punkten davon die Rede, dass die Wirtschaftswachstumsaussichten Europas derzeit ohnehin geringer seien, als jene in den USA und Asien. Bei neuen Gesetzen müsse darauf Bedacht genommen werden, dass die Position in der Weltwirtschaft nicht geschwächt werde.

“Wir können es uns nicht leisten, auf altes Denken zu hören, das fadenscheinige Gründe sucht, warum es hier keine Verbesserungen geben soll”, attackierte Alma Zadić die Entscheidung des Wirtschaftsministeriums. “Mit einem starken Lieferkettengesetz könnten wir endlich wirksam gegen die Ausbeutung von Millionen Kindern vorgehen”, so Zadić. Das Gesetz, das sie “mit aller Kraft unterstützen” will, biete “eine einmalige Chance, unseren Planeten und seine Artenvielfalt vor weiterer Zerstörung zu schützen und für unsere Kinder und Enkelkinder zu bewahren.”