In einem „Morning Briefing“ gegenüber dem deutschen Journalisten Gabor Steingart äußerte sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) aufgeschlossen darüber, dass ein Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Biden und dem russischen Präsident Putin in Wien stattfinden könnte. Auch die Schweiz und Finnland haben sich bereit erklärt, als Austragungsstandort zu fungieren. Biden hatte ein Treffen mit Putin vor wenigen Tagen vorgeschlagen. Zuletzt hatten sich die Spannungen zwischen den USA und Russland verschärft.

Österreich spiele zwar „keine vermittelnde Rolle“ in Bezug auf die Spannungen zwischen den USA und Russland, sagte der Kanzler, es sei aber für „ganz Europa gut, wenn es so ein Treffen gibt.“ Falls dieses Treffen dann in Wien stattfinden sollte, „ist das natürlich eine große Ehre für uns“, unterstreicht Kurz.

Kurz sieht mit Biden „Chance auf mehr Miteinander"

Angesprochen auf sein Verhältnis zum früheren US-Präsidenten Donald Trump sagte Kurz: „Jetzt gibt es die Chance, dass wir das Verhältnis mit den USA wieder stärken. Ich bin ein überzeugter Transatlantiker.“ Er glaube, dass die USA unter Präsident Biden auch weiterhin sehr genau auf ihre eigenen Interessen schauen werden, aber er sehe im Bereich Kampf gegen den Klimawandel und in der Handelspolitik „die Chance auf mehr Miteinander“.

Österreich habe traditionell zwar auch immer gute Kontakte zum Osten gepflegt, das liege an der Geschichte und Neutralität des Landes. „Rein wirtschaftlich gesehen“ seien die USA aber der wesentlich wichtigere Partner.

Geschehnisse in der Ostukraine sind „besorgniserregend“

„Was unsere Werthaltungen betrifft, sehen wir vieles, was in Russland passiert, als sehr problematisch – von innerrussischen Fragen bis hin zum Konflikt in der Ukraine“, stellte Kurz klar. Die momentanen Entwicklungen in der Ostukraine und das Zusammenziehen zehntausender russischer Soldaten bezeichnete Kurz als „besorgniserregend.“ Er hoffe, dass die Lage in der Ukraine nicht eskaliere.

Auf die Drohung des ukrainischen Botschafters in Deutschland, nuklear aufrüsten zu wollen, meinte der Kanzler: „Atomwaffen führen nicht zu mehr Sicherheit, sie führen zu weniger Sicherheit“. Er glaube darüber hinaus, „dass dieser Zugang der falsche” sei: „Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, sich hier wechselseitig an der Kontaktlinie aufzurüsten. Ich glaube nicht, dass das Liebäugeln mit der NATO zu einer Beruhigung der Situation führt.“ Österreich unterstütze zwar die Annäherung ehemaliger Sowjet-Staaten an die EU, es brauche aber gleichzeitig „irgendwie ein Miteinander mit Russland.“

„Merkel hat Europa in vielen Teilen positiv geprägt“

Im Bezug auf sein Verhältnis zu Angela Merkel meinte Kurz, dass diese „eine totale Konstante“ sei. Sie habe Deutschland und Europa „in vielen Teilen positiv“ geprägt. Beim Thema Migration sei er aber anderer Meinung als seine deutsche Kollegin.

Kurz ging auch auf momentane Herausforderungen ein. So seien etwa Politiker wie der türkische Präsident Erdogan „draufgekommen, dass sie Migranten als Waffe einsetzen können.“ Das Thema Migration werde uns dem Bundeskanzler zufolge „noch Jahrzehnte beschäftigen.“