Der Krieg in Israel bietet den USA eine Gelegenheit, sich gesichtswahrend aus der Ukraine zurückzuziehen. Das mutmaßen manche Polit-Beobachter schon seit Beginn des bestialischen Großangriffs der Hamas auf israelische Zivilisten. Nun lassen jüngste Aussagen des Sprechers des Weißen Hauses tatsächlich aufhorchen. John Kirby schlägt einen neuen Tonfall an – und räumt erstmals offen ein: Es wird keine grenzenlose Hilfe für Kiew bis in alle Ewigkeit geben.

Neue Prioritäten? US-Präsident Joe Biden stellt sich nun voll und ganz hinter Israel.APA/AFP/Brendan SMIALOWSKI

Wörtlich erklärte der Sprecher: „Man kann nicht mit der Planung einer langfristigen Unterstützung beginnen, wenn man am Ende der Fahnenstange ist.“ Das waren überraschend deutliche Worte. Er fuhr fort: „Bei der Finanzierung der Ukraine sind wir am Ende der Fahnenstange angelangt. Heute haben wir 200 Millionen US-Dollar angekündigt, und wir werden der Ukraine weiterhin so lang wie möglich helfen, aber nicht auf unbestimmte Zeit.“

Die USA werden Kiew sicherlich noch weiterhin beistehen, aber einen endlosen Krieg wollen sie offenbar nicht mehr. Möglicherweise werden die Kämpfe in der Ukraine noch vor den bevorstehenden US-Wahlen eingestellt.

US-Außenminister Blinken sagt Israel volle Unterstützung zu

Unterdessen hat US-Außenminister Antony Blinken Israel volle Unterstützung im Kampf gegen die palästinensische Terrororganisation Hamas zugesagt. „Wir werden immer an Ihrer Seite stehen“, erklärte er bei einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu am Donnerstag in Tel Aviv. Bei dem Angriff sind mindestens 25 US-Bürger getötet worden, berichtete Blinken.

Die USA arbeiteten eng mit Israel zusammen, um eine Freilassung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln zu erreichen, unterstrich Blinken weiters. Zu den Terroranschlägen sagte er: „Wenn Sie das im Verhältnis zur Größe der israelischen Bevölkerung betrachten, entspricht das zehn Anschlägen des 11. Septembers.“

US-Außenminister Antony Blinken (l.) mit Israels Präsident Isaac Herzog (r.) am Donnerstag in Tel AvivAPA/AFP/POOL/Jacquelyn Martin

Blinken länger im Nahen Osten, auch NATO hinter Israel

Blinkens Reise endet nicht in Israel. Der US-Außenminister soll sich ebenso mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas treffen, und zwar in Jordanien, wo er ebenso mit dem jordanischen König Abdullah II. sprechen wird. Darüber hinaus werde er auch mit Vertretern Saudi-Arabiens, der Vereinigten Arabischen Emirate und Ägyptens zusammenkommen. Ziel sei es, eine Ausweitung des Konflikts in der Region zu verhindern und eine Freilassung der Geiseln in Gaza zu erreichen, sagte Blinken.

John Kirby spricht erstmals offen aus: Es wird keine unbeschränkte Hilfe für Kiew geben.APA/AFP/Mandel NGAN

Die NATO-Staaten brachten unterdessen ihre Solidarität mit Israel zum Ausdruck und machten deutlich, dass es das Recht habe, sich „verhältnismäßig“ gegen die Terrorakte zu verteidigen. Der israelische Verteidigungsminister Yoav Galant hatte seine Amtskollegen von den NATO-Staaten persönlich über die Gräueltaten der Hamas an israelischen Zivilisten unterrichtet. Zudem informierte er auch über solche Taten an Staatsangehörigen mehrerer Bündnisstaaten. Galant sei per Videokonferenz zum Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel geschaltet worden. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hielt fest: „Israel steht nicht allein.“

Galant zeigte bei dem Gespräch ein unzensiertes Video einiger brutaler Taten der Hamas an israelischen Zivilisten und Soldaten sowie an anderen ausländischen Staatsangehörigen, die entweder entführt oder getötet wurden. Aus NATO-Kreisen hieß es, die Bilder seien schockierend gewesen.