Liebe Normale und alle, die das anders sehen!

Es sollte ein ganz normaler Sommer werden. Die Politik macht Pause. Die Kinder haben Ferien. Das Wetter macht uns ein wenig zu schaffen. Wir ärgern uns im Stau Richtung Süden oder in der Warteschlange am Flughafen. Das eine oder andere Sommerfestl sorgt für einen brummenden Schädel – oder war es doch der Sonnenbrand, weil wieder mal zu wenig eingeschmiert? Jedenfalls ein normaler Sommer, so wie immer.

Doch es kam anders. Österreich steckt mitten in einer normal-Debatte. Also keine normale politische Debatte, wie wir sie aus dem Parlament oder aus Wahlkonfrontationen kennen, sondern eine normal-Debatte. Ich weiß, etwas mühsam.

Jedenfalls debattiert ganz Österreich jetzt schon die dritte Woche darüber, was normal ist, wer normal ist, was nicht normal ist, was normal sein könnte, was gewiss nicht normal ist und so weiter. Halleluja, das Sommerloch ist gestopft!

Und ich als Normalo denke mir, ist das noch normal? Nein. Ist es nicht. Wer bestimmt eigentlich, was normal ist? Eine Landeshauptfrau? Der Vizekanzler? Der Bundespräsident? Die Medien? Für mich hat die angestoßene Debatte eines gezeigt: Auch hier wird wieder einmal von einer Minderheit versucht, den normal-Begriff zu kapern und in einer typischen obermoralisierenden und oberlehrerhaften Art und Weise zu erklären. Daher erlaube ich mir jetzt, die Aussagen der vergangenen Tage aus meiner Sicht und nach meinem Empfinden so normal wie möglich zusammenzufassen und eine „Verortung“ des „normal“-Begriffs anhand von Vergleichen vorzunehmen:

Stadt ist geil – Land ist doof
Rad und Bahn sind cool – Auto und Flugzeug sind gaga
Burgtheater ist geistreich – Schuhplattln ist gestört
Tofu ist mega – Schweinefleisch ist ein Wahnsinn
Willkommenskultur ist menschlich – Kritik an Zuwanderung ist Rassismus
Zelten auf der Wiese ist ökologisch – Wintertourismus ist eine Katastrophe
Co2 bei der Batterieherstellung ist sauber – Co2 aus Autos ist Dreck
Kopftuch tragen ist multikulti – Katholik sein ist ewiggestrig
Verteilen ist gerecht – Vermögen durch Arbeit und Leistung aufbauen ist unsozial
Grün ist die Moral – alles andere ist Verfall, Extremismus und radikal

Na, wisst Ihr jetzt, in welcher Spalte Ihr Euch befindet? Die Liste ließe sich noch beliebig weiterführen. Das Muster ist glasklar. Deshalb finde ich es richtig, dass endlich mal wieder über das Normale diskutiert wird. Viel zu lange lässt sich nämlich schon die normale schweigende Mehrheit im Land Minderheitenthemen – als Mainstream verpackt – aufs Auge drücken. Wieso ist es nicht möglich, normal miteinander umzugehen und jeden Menschen so zu akzeptieren, wie er ist? Es geht doch auch miteinander. Jeder soll so leben, wie er es für richtig hält, normal und auch anders. Und dabei sollte jeder den anderen akzeptieren und in Ruhe lassen. Genau das wäre ganz normal.

In der Hoffnung auf einen normalen Rest-Sommer…

Herzlicht

Euer
Exxpressicus