Italiens Covid-Impfkampagne hat ein rechtliches Nachspiel. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Rom gegen den ehemaligen Gesundheitsminister Roberto Speranza und den Direktor der Arzneimittelbehörde Nicola Magrini. Sie sollen von Anfang an über Nebenwirkungen eines Covid-Impfstoffs bewusst geschwiegen haben. Die Anklagepunkte reichen von Lüge über Körperverletzung bis hin zu mehrfachem Mord.

Pressekonferenz Jänner 2022: Der damalige Gesundheitsminister Speranza (r.) spricht gemeinsam mit Premierminister Mario Draghi (l.) über die Impfpflicht für Menschen über 50.APA/AFP/Alberto PIZZOLI

Die italienische Öffentlichkeit erfuhr davon in einer Talk-Show des italienischen Privatfernseh-Senders Rete 4. Dabei wurden interne Dokumente und Emails der Arzneimittelbehörde präsentiert, auf deren Grundlage der römische Generalstaatsanwalt Francesco Lo Voi beschlossen haben soll, den ehemaligen Gesundheitsminister in das Register der Verdächtigen aufzunehmen.

Berichte bewusst unterdrückt?

Im Mai des vergangenen Jahres hatten zuvor zwei italienische Anwälte eine Klage eingebracht, der sich unter anderem auch ein Komitee mit mehr als 4200 durch den Covid-Impfstoff geschädigte Personen anschloss, sowie mehrere Polizeigewerkschaften.

Gegen den Generaldirektor der italienischen Arzneimittelbehörde, Nicola Magrini, wird ebenfalls ermittelt.Stefano Montesi - Corbis/Corbis via Getty Images

Gemäß den internen Dokumenten fehlten zu Beginn der Impf-Kampagne noch Forschungen über mögliche Nebenwirkungen an „gebrechlichen Patienten“. Das habe die Arzneimittelbehörde gewusst. Als dann erste unerwünschte Wirkungen auftraten, soll sie angeordnet haben, über die entsprechenden Berichte zu schweigen. Die Kläger verweisen auf Emails, in denen etwa steht: „Es ist nicht gut, schlafende Hunde zu reizen, im Moment fällt uns nichts ein“. Dabei sei die Behörde verpflichtet gewesen, vor den sich abzeichnenden Problemen sofort zu warnen.

Kritiker fordern Gerechtigkeit: „“Rettung des Impfstoffs war wichtiger als Rettung von Menschen“

Überdies soll die Arzneimittelbehörde, die dem italienischen Gesundheitsministerium unterstellt ist, in E-Mails darauf gedrängt haben, „nicht auf die mangelnde Wirksamkeit hinzuweisen“, und: „Wir müssen lernen, nicht zu reagieren, wenn wir überleben wollen“. Auf diese Weise seien alle unerwünschten Berichte ignoriert worden, was in manchen Fällen sogar zum Tod geführt habe.

Roberto Speranza gehörte der Regierung Mario Draghi an.APA/AFP/Andreas SOLARO

„Es ist an der Zeit, Gerechtigkeit walten zu lassen, nachdem die Verletzten jahrelang verteufelt und beleidigt wurden“, erklärte Giada Maslovaric, eine Psychologin, die das Komitee von Opfern begleitet. Laut Berichten in italienischen Medien sind sogar „Berichte über unerwünschte Ereignisse nach der Impfung bei Personen, die sich bereits vom Covid erholt hatten“, unterdrückt worden. „So bringt man den Impfstoff um“, soll Magrini seinen Untergebenen gesagt haben. „Die Rettung des Impfstoffs war wichtiger als die Rettung von Menschen“, meint Journalistin Marianna Canè in der konservativen italienischen Tageszeitung La Verità.