Am geplanten Luftverteidigungsschirm “Sky Shield” scheiden sich die Geister. Die einen halten das auf Langstreckenraketen basierende Abwehrsystem für das Nonplusultra im Kampf gegen mögliche künftige Bedrohungen am Himmel, für die anderen ist es ein “Verrat an unserer immerwährenden Neutralität”, wie es FPÖ-Chef Herbert Kickl formulierte.

Heute gibt Ministerin Klaudia Tanner grünes Licht für den Beitritt Österreichs. Die Republik wird sich damit wie 21 weitere europäische Länder unter den Schutzschirm für den europäischen Luftraum begeben. Für das Bundesheer rein militärisch betracht wohl ein Quantensprung. Bislang können die Luftstreitkräfte mit ihren 35-Millimeter-Zwillings-Fliegerabwehrkanonen (234 Stück) und den paar Abwehrlenkwaffen vom Typ “Mistral” wohl wenig ausrichten.

Künftig soll nicht mehr gekleckert, sondern geklotzt werden. Das Bundesheer wagt den Einstieg in die Langstrecken-Luftabwehr zur Verteidigung gegen feindliche Drohnen- und Raketenangriffe, setzt dabei auf das deutsche System “Iris T”.

"Sky Shield" könnte uns sogar noch mehr kosten

Das kostet: Allein für die Anschaffung der künftigen Mittelstreckensysteme werden zwei Milliarden Euro veranschlagt, die Langstrecke kostet etwa das Doppelte. Sechs Milliarden – da ist die Modernisiserung der Kurzstrecke und der Ausbildungs- und zusätzliche Personalbedarf (1000 Soldaten) noch gar nicht eingerechnet. Es wird der größte finanzielle Kraftakt in der Geschichte des Bundesheeres werden.

Doch das ist gar nicht so sehr das Hauptproblem, die Kosten sind weitestgehend budgetiert. Die Frage, ob sich die gemeinsame Luftabwehr mit der Neutralität Österreichs vereinbaren lässt, bereitet Kritikern weit mehr Bauchschmerzen. Schließlich sind alle beteiligten Länder – Ausnahme die Schweiz – Mitgliedsstaaten der NATO. “Wo Ja zu Sky Shield draufsteht, ist auch das Ja zur NATO und das klare Nein zu unserer immerwährenden Neutralität drinnen”, wetterte FPÖ-Chef Kickl jüngst in einer Aussendung.

Auch die Grünen sind für den militärischen Schutzschirm

Ganz anders dagegen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP): “Sky Shield ist ein Meilenstein für die österreichische Sicherheitspolitik”, wiederholte der Regierungschef mehrfach. Die Neutralität sei deshalb nicht gefährdet, weil der Raketenschutzschirm immer die Verantwortung beim Nationalstaat lasse, welches Flugobjekt wann bekämpft werde, betonte er. Es handle sich deshalb um eine wehrhafte Neutralität, weswegen  die Bundesregierung genau hinter diesem Projekt stehe.

Nehammer widersprach auch dem Argument, dass es sich bei der Luftabwehr letztendlich um ein NATO-Projekt handle. “Sky Shield” sei lediglich ein gemeinsames europäisches Beschaffungsprogramm auf Initiative Deutschlands. “In Zeiten wie diesen ist es wichtig, einen nationalen Schulterschluss zu haben”, sagte Nehammer laut Mitteilung des Bundeskanzleramtes.

Fürsprecher des Sechs-Milliarden-Pojektes sind auch die Grünen und NEOS. Lediglich in der SPÖ wurden einzelne zögerliche Bedenken gegen den Schutzschirm laut.

Eingesetzt werden kann die Luftabwehr nach bisherigen Schätzungen in Österreich frühestens 2027, eher später. Wenn die FPÖ nicht noch dazwischen grätscht. Herbert Kickl hat zuletzt angekündigt, im Falle eines  Wahlsieges das Volk per Abstimmung über den Schutzschirm entscheiden lassen zu wollen.