Die erste Runde der richtungsweisenden Präsidentschaftswahl in Frankreich hat begonnen. Amtsinhaber Emmanuel Macron und die rechte Nationalistin Marine Le Pen sind die Spitzenreiter unter den zwölf Kandidaten, die in die zweite Runde in zwei Wochen einziehen werden. Meinungsumfragen deuten auf ein enges Rennen hin. Macron ist Favorit, doch seine Herausforderin rückte zuletzt immer näher an Macron heran. Es gilt als wahrscheinlich, dass beide bei dem Votum am Sonntag auf den vordersten Rängen landen und in die Stichwahl am 24. April einziehen.

Zwölf Kandidaten treten gegeneinander an (von oben, und von links nach rechts): LO-Sprecherin Nathalie Arthaud von "Lutte ouvriere"; der französische Abgeordnete Nicolas Dupont-Aignan von "Debout la France" (DLF); die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo von der "Sozialistischen Partei" (PS); der Europaabgeordnete Yannick Jadot von "Europe Ecology Les Verts" (EELV); der französische Abgeordnete Jean Lassalle von "Resistons ! "; die französische Abgeordnete Marine Le Pen von "Rassemblement National" (RN); (unten, v.l.n.r.) der französische Präsident Emmanuel Macron von "La Republique en Marche (LREM); der französische Abgeordnete Jean-Luc Melenchon von "La France Insoumise" (LFI); die Präsidentin des Regionalrats von Ile-de-France Valerie Pecresse von "Les Republicains"; Philippe Poutou von der "Nouveau Parti Anticapitaliste" (NPA), Mitglied des Stadtrats und des Gemeinderats von Bordeaux, Fabien Roussel von der "Kommunistischen Partei Frankreichs" (PCF), Parteichef von Reconquete! Parteichef Eric Zemmour von "Reconquete!".APA/AFP/Joël SAGET und Eric Feferberg

Wahlbeteiligung dürfte Wahlausgang entscheiden

Mit einer geringen Wahlbeteiligung war im Vorfeld gerechnet worden. Das könnte auch das Wahlergebnis entscheiden. Bis 12.00 Uhr hatten aber immerhin 25,48 Prozent der eingeschriebenen 48,7 Millionen Wähler abgestimmt. Die Wahlbeteiligung lag damit zwar leicht unter dem Vergleichswert von 28,54 Prozent am Wahlsonntag von 2017 – allerdings auch über dem Tiefststand von 21,39 Prozent bei der bisher schlechtesten Wahlbeteiligung im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl 2002.

Macron, Le Pen und die anderen zehn Kandidaten gaben ihre Stimme bereits ab.

Der französische Staatspräsident und Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron begrüßt Schaulustige nach der StimmabgabeAPA/AFP/Ludovic MARIN

Sozialpolitische Forderungen kommen gerade gut an

In die Endabstimmung will es auch der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon schaffen. Mit sozialpolitischen Forderungen gewann er angesichts der spürbaren wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs an Wählergunst. Der Wahlkampf fokussierte seit Wochen vor allem auf die Kaufkraft der Franzosen und Konzepte gegen steigende Preise. Zuletzt rangierte Mélenchon in Umfragen auf Platz drei – allerdings mit einigem Abstand hinter Macron und Le Pen.

Marine Le Pen verlässt die WahlkabineAPA/AFP/ DENIS CHARLET

Zorn über steigende Preise

Die wichtigsten Themen bei dieser Wahl waren die Lebenshaltungskosten. Die Wähler waren verärgert über die steigenden Kraftstoff- und Lebensmittelpreise, die vor allem durch den Krieg in der Ukraine verursacht wurden. Auch Gesundheits-, Beschäftigungs- und Umweltfragen wurden in den Wahlprogrammen der Kandidaten angesprochen. Die Einwanderung wurde von der rechtsextremen Le Pen und ihrem Rivalen auf dieser Seite der Politik, dem ehemaligen Journalisten und Fernsehkommentator Zemmour als Hauptanliegen angeführt. Zemmour musste in den vergangenen Wochen einen Einbruch der Wählerstimmen hinnehmen musste,

Der Präsidentschaftskandidat der französischen Linkspartei La France Insoumise (LFI), Jean-Luc Melenchon, gibt in einem Wahllokal in Marseille (Südfrankreich) seine Stimme ab. APA/AFP/CHRISTOPHE SIMON

Ein ungewöhnlicher Wahlkampf

Frédéric Dabi, Direktor des Meinungsforschungsinstituts Ifop, erklärte gegenüber Le Monde: “Wir haben einen seltsamen Wahlkampf erlebt, der sich von anderen Präsidentschaftswahlen unterscheidet.” Der Krieg in der Ukraine, ein “Mangel an Interesse” und das Fehlen der üblichen nationalen Debatte, in der die Kandidaten ihre Projekte vorstellen, hätten viele Wähler desinteressiert zurückgelassen, sagte er.

Der Präsidentschaftskandidat der rechtsextremen Partei Reconquete!, Eric Zemmour, bei der StimmabgabeAPA/AFP/Bertrand GUAY

Sozialisten und Republikaner sind chancenlos

Die Aufstellung vor der Wahl zeigt Frankreich in drei Blöcken. Macron, der als Politiker der Mitte die klassische Spaltung in linkes und rechtes Lager aufweichen wollte, sieht sich nun vor allem mit zwei Kandidaten der Ränder des politischen Spektrums konfrontiert. Die traditionellen Volksparteien der Sozialisten und Republikaner spielten im Wahlkampf so gut wie keine Rolle. Sie steuern auf eine kräftige Wahlschlappe zu. Den Sozialisten könnten sogar von den Kommunisten überholt werden. Le Pen vom lange als rechtsextrem eingestuften Rassemblement National bemühte sich um ein gemäßigteres Auftreten und positionierte sich gleichsam als wählbare Alternative zum extrem rechten Politikneulings Éric Zemmour.

Ein Mann verlässt das französische Konsulat in New York City am 9. April 2022: Französische Staatsbürger in den USA wählen schon einen Tag früher.APA/AFP/Kena Betancur

Richtungsentscheidung für fünf Jahre

Der französische Präsident wird auf fünf Jahre gewählt. Er beeinflusst die Politik des Landes maßgeblich und spielt oft eine wichtigere Rolle als der von ihm ernannte Premierminister und Regierungschef. Auch für die Europäische Union ist die Wahl von erheblichem Gewicht. Der Gewinner wird an der Spitze der zweitgrößten Volkswirtschaft und der einzigen Atommacht der EU stehen.