Die neue europäische Generalstaatsanwältin Laura Kövesi kritisiert die laxen Vorschriften für die Vergabe von europäischen Fördergeldern im Rahmen des Wiederaufbaufonds. „Die Regierungen haben jetzt die Möglichkeit, einen Auftrag direkt an ein Unternehmen zu vergeben. Das bedeutet, dass wir ein ernsthaftes Risiko haben, dass mehr Verbrechen begangen werden“, sagte sie in einem Interview zum Handelsblatt. So würde aus dem Mangel an Transparenz bei der Vergabe „echte Gefahr“ resultieren.

Viel Geld, wenig Transparenz

Vor allem das organisierte Verbrechen hat Schlupflöcher entdeckt, durch die es sich an den Fördergeldern massiv bereichern kann. Das bestätigt auch Kövesi: „Ich sehe große Risiken bei dieser gewaltigen Geldsumme. Schon mit Blick auf den einfachen EU-Haushalt müssen wir uns in der Europäischen Generalstaatsanwaltschaft (European Public Prosecutor’s Office – EPPO) auf etwa 3000 Fälle pro Jahr einstellen. Nun kommt eine große Menge Geld dazu – mit weniger Transparenz. Aber wir werden auch mehr Fälle aufdecken, denn beim Ermittlungseifer gab es bisher unter den Mitgliedstaaten große Diskrepanzen. Seit dem 1. Juni müssen die nationalen Staatsanwälte laufende Fälle, die in unsere Zuständigkeit fallen, an uns weiterleiten. Das sind vorrangig grenzüberschreitende Kriminalität, organisiertes Verbrechen, Geldwäsche und Korruption, wenn sie mit EU-Mitteln zu tun hat. Wir werden in diesen Fällen besser ermitteln können.“

Zu wenig qualifiziertes Personal

Europol hat bereits festgestellt, dass sich die Mafia, vor allem in Italien, ganz gezielt in Unternehmen einkaufen würde, die von den Wiederaufbauhilfen profitieren. Ein Umstand, der auch Kövesi durchaus bekannt ist. Die Vorteile für die EPPO diesem Problem habhaft zu werden, sieht sie vor allem darin, „dass wir jetzt leichter gegen grenzüberschreitende Kriminalität vorgehen können – gerade auch dann, wenn es um organisierte Gruppen geht.“ Nichtsdestotrotz brauche es mehr gut qualifiziertes Personal.

Eine Budgetaufstockung habe sie von der Kommission bereits bewilligt bekommen, die Genehmigung, mehr Ermittler einstellen zu dürfen, fehle jedoch noch. „Was sollen wir jetzt machen? Blumen für unsere neuen Büros kaufen? Sicher nicht. Wir sollten das Geld dafür ausgeben, effizienter arbeiten zu können. Wir sind erfahrene Ermittler und wissen, was wir dafür brauchen.“