In Deutschland ist laut einer Umfrage jeder vierte nach einem Arztbesuch unzufrieden, weil der Arzt zu wenig Zeit für ihn hat. „Das wird bei uns in Österreich mit Sicherheit auch so sein“, meint Dr. Marcus Franz, Facharzt für innere Medizin gegenüber eXXpress-Chefredakteur Richard Schmitt. „Das deutsche und das österreichische Gesundheitssystem sind sich sehr ähnlich.“

Zeit mit dem Patienten wird schlecht entlohnt

Das Problem sei: „Der Faktor Zeit ist das wichtigste Instrument zwischen Arzt und Patient – nur er wird am schlechtesten entlohnt. Alle haben nur sehr wenig Zeit für die Patienten, müssen aber in kurzer Zeit viele Informationen erhalten und weitergeben.“ Gemäß Österreichs Allgemeinem Sozialversicherungsgesetz (ASVG) wird die technische Leistung wird wesentlich besser belohnt, als Zuwendung und das Gespräch. Krankenkassen belohnen nicht, dass sich ein Arzt Zeit nimmt für einen Patienten.

Die Konsequenz: „Kinderarzt und Psychiater werden schlechter entlohnt. Jeder technischer ein Fach ist, umso besser die Entlohnung. Das ist ein weltweites Phänomen in der Medizin. Die Devise müsste lauten: Weg von der Technokratie, hin zum Menschlichen.“

Übermäßig viele technische Untersuchungen

Viele Erkrankungen seien komplex, dafür brauche es Zuwendung und Zuhören. „Es gibt immer mehr chronisch Kranke. Eine Tumorerkrankung etwa, die sich ausbreitet, braucht viel Zeit. So jemand wird sich im Spitalsbetrieb zu Recht unterversorgt fühlen“, räumt Marcus Franz ein. Nicht annähernd so viel Zeit benötigte etwa ein gebrochener Finger.

Andererseits neige die Ärzteschaft dazu, selbst bei Knieuntersuchungen alles zu untersuchen. Das volle Programm werde abgespielt: klinische Untersuchung, Röntgen, Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT), Ultraschall etc. Die Angst der Ärzte: „Wenn ich etwas übersehe, dann verklagt mich der Patient. Somit entsteht ein enormer Aufwand für ein Knie. Heute gibt es auch viel mehr technische Untersuchungsmöglichkeiten als früher. Das heißt aber nicht, dass wir alle immer brauchen.

Coronavirus: Kein Grund zur Panik

Unterdessen machen sich einige Menschen Angst bezüglich eines neuen Stamms beim Coronavirus. „Natürlich kann sich theoretisch ein Stamm entwickeln, der gefährlicher wird. Das kann man nie ausschließen.“ Nur in den vergangenen Jahren war die Tendenz die umgekehrte. Die neuen Stämme wurden weniger gefährlich. Überdies hatten 95 Prozent der Österreicher schon Kontakt mit dem Virus oder sind geimpft. Daher werden Corona-Erkrankungen wohl nur in seltenen Fälle schlecht verlaufen – was bei anderen Infektionen auch nicht anders ist.

Beim Impfen sind die Ratschläge in Österreich oft übertrieben. In Dänemark etwa wird die Auffrischungsimpfung nur ab 65 Jahre empfohlen. Das sollte man auch hierzulande beherzigen.