Andreas Tögel: Am Scheideweg – Gesinnung gegen Vernunft
Die rezenten Wahlergebnisse in Schweden und Italien können als erste Signale für einen Stimmungsumschwung in Europa gedeutet werden, analysiert eXXpress-Kolumnist Andreas Tögel.
Lange genug hat eine zwar kleine, dafür aber lautstarke und an Universitäten und in den Redaktionsstuben tonangebende, radikal linke Minderheit den politischen Diskurs beherrscht: Einwanderung ist gut, Minderheitenrechte (sofern es sich um vom Juste Milieu definierte Gruppen handelt) sind besser und der Kampf gegen den „menschengemachten Klimawandel“ ist überhaupt das Allerbeste. Um die Sorgen und Befindlichkeiten jener Menschen, die mit produktiver Arbeit ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen, haben die sich die meist direkt oder indirekt von Steuergeldern lebenden urbanen linksgrünen Bobos, nie geschert. Seit den Tagen von Karl Marx haben die Progressiven noch nie Empathie für arbeitende Menschen empfunden, sondern deren Sorgen stets nur als Vehikel zur Machtergreifung und –Erhaltung benutzt.
Langfristig bildet zweifellos die ungebremste Zuwanderung aus der westlichen Zivilisation ablehnend oder feindselig gegenüberstehenden Stammeskulturen, die größte Bedrohung für die westlichen Gesellschaften. Damit einhergehende Probleme wie Integrationsverweigerung, zunehmende Gewaltkriminalität (die bei den Wahlen in Schweden eine entscheidende Rolle gespielt haben dürfte) und eine sich beschleunigende Ausbildung abgeschotteter Parallelgesellschaften, wiegen schwer.
Energiewende ist ein katastrophaler Fehler
Kurz- und mittelfristig aber stellt die nicht etwa sachlich begründete, sondern ausschließlich durch grüne Ideologie getriebene „Energiewende“ eine tödliche Bedrohung für Standorte wie Deutschland und Österreich dar. Es rächt sich, wenn fachlich inkompetente zurück-in-die-Steinzeit-Romantiker, die von einem veganen Leben bei Kienspanbeleuchtung in feuchtkalten Höhlen träumen, zu Ministerehren kommen. An dieser Stelle Namen zu nennen, erübrigt sich, weil jeder, der die aktuelle Wirtschafts- und Energiepolitik kennt, ohnehin weiß, wie Ross und Reiter heißen.
Ernsthaft zu behaupten, grundlastfähige Stromerzeugungsanlagen, gleich ob sie nuklear oder mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, vom Netz nehmen und durch Windräder und Photovoltaikpaneele ersetzen zu können, ist haarsträubender Unsinn! Das Märchen von der „CO2-neutralen“ Energieproduktion wird durch seine ständige Wiederholung nämlich nicht wahrer. Faktum ist, dass ausschließlich AKW und kalorisch betriebene Stromproduktionsanlagen in der Lage sind, eine kontinuierliche und dem Bedarf eines hochentwickelten, energiebedarfsintensiven Industriestandorts angepasste Elektrizitätsversorgung sicherzustellen. Weder von Pegelständen abhängige Wasserkraftwerke, noch auf Wind und Sonnenschein angewiesene Alternativen können das leisten. Die deutsche „Energiewende“ war und ist daher ein katastrophaler Fehler, der nicht nur für die Deutschen, sondern für sehr viele Bürger der Union nachteilige Konsequenzen haben wird.
Die Flucht aus Europa
Schon ist, angesichts der anlaufenden Energiekrise, auf die der deutsche Wirtschaftsminister mit der Hoffnung auf einen milden Winter reagiert, von möglichen bedarfsbedingten „Lastabwürfen“ die Rede. Im Klartext: Wenn, etwa bei Dunkelflaute, die nachgefragte Strommenge die produzierte übertrifft und deshalb ein Netzzusammenbruch droht, sollen bestimmte Großverbraucher (das können energieintensive Industriebetriebe, aber auch ganze Kommunen sein) zeitweise vom Netz genommen werden. Was das beispielsweise für Glas- oder Aluminiumhütten und für Stahlwerke bedeuten würde, liegt auf der Hand: Schäden an den Industrieanlagen, die ruinöse Ausmaße annehmen können. Vom Verlust der gewohnten Lebensqualität im Lande ganz zu schweigen.
Glauben Herr Habeck und seine österreichische Geistesverwandte Gewessler, tatsächlich, dass unter derart prekären Bedingungen künftig auch nur ein einziger Financier daran denken wird, hier je wieder einen müden Cent zu investieren? Vermutlich hat sich darüber keiner der beiden Gedanken gemacht, aber: Das wird mit Sicherheit nicht passieren. Vielmehr beschäftigt man sich im Management hiesiger Großbetriebe bereits mit der Frage eines Standortwechsels ins Ausland. Das kann durchaus bedeuten, außerhalb der EU neu zu beginnen. Industriebetriebe müssen nicht unbedingt innerhalb der auf ihren inzwischen Züge eines religiösen Wahns annehmenden Dekabonisierungsfimmel fixierten Europäischen Union produzieren. Es geht auch anderswo – besser und billiger.
Viele kleine und mittelständische Unternehmen stehen, angesichts exorbitant gestiegener Energiekosten, vor dem Abgrund. Nicht wenige davon werden aufgeben oder werden in der nächsten Zeit den Gang zum Konkursgericht antreten. Kurzum: Die von allen guten Geistern verlassenen Grünen schicken sich – Hand in Hand mit den Roten oder ehemals wirtschaftsfreundlichen bürgerlichen Parteien – an, die heimische Wirtschaft zu ruinieren. Hunderttausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel – mit unabsehbaren Folgen für Frieden, Recht und Ordnung im Lande.
Auf Konserven setzen oder auswandern?
Namhafte Beobachter und Analysten sehen Unruhen dräuen – spätestens dann, wenn aufgrund der verfehlten Energiepolitik, bei vielen weniger begüterten Mitbürgern die Heizungen bei Minusgraden kalt bleiben, sie im Finstern hocken, weil sie die Stromrechnung nicht bezahlen können, oder eine Woche vor Monatsende kein Geld mehr haben, um Lebensmittel zu kaufen. Wie werden die Regierungen auf die zu erwartenden Hungerrevolten reagieren? Der Besitz einer Kristallkugel wäre von Vorteil: Soll man eher auf Gold, oder auf Konserven setzen, oder doch lieber gleich nach Neuseeland oder Uruguay auswandern?
Wie auch immer: Wie bestellt, so geliefert. Die Wähler haben genau die Regierung, die sie verdienen – zumindest im demokratisch verfassten Teil der Welt.
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