Andreas Tögel: Nur Bares ist Wahres – Bargeld bedeutet Freiheit
„Geld ist geprägte Freiheit”, schreibt Fjodor Dostojewski in seinen „Aufzeichnungen aus einem Totenhaus”. Nachdem die derzeit im Umlauf befindlichen Münzen, der staatlich initiierten Geldentwertung sei Dank, kaum noch Kaufkraft aufweisen (in den 1960er-Jahren konnte man für einen Schilling sechs Stück Maroni kaufen. Was kriegt man heute für sieben Cent?!), sollte inzwischen indes besser von gedruckter Freiheit die Rede sein, findet eXXpress-Kolumnist Andreas Tögel.
Wie dem auch sei: Wer über Bargeld verfügt, ist frei, weil er niemandem Rechenschaft darüber abzulegen braucht, wofür er es ausgibt. Weder die Bank noch der Finanzminister kann die Dispositionen des Geldhalters überwachen oder unterbinden.
Die Verwendung digitalen Geldes hinterlässt dagegen Spuren. Per Mausklick kann festgestellt werden, wann wo welcher Betrag den Besitzer gewechselt hat. Ebenfalls per Mausklick kann jedes Konto gesperrt werden. Ein Einkauf ist dann unmöglich – übrigens auch dann, wenn ein Stromausfall (Stichwort „Blackout“) eintritt. Weshalb aber sollte Otto Normalverbraucher seine Bank oder den Fiskus informieren, dass er soeben eine Tube Hämorrhoidensalbe oder eine Flasche Schampus gekauft hat? Das geht schließlich niemanden etwas an!
Anonymität ist den Kontrollfreaks der Brüsseler Zentralbürokratie ein Dorn im Auge. Subsidiarität, Selbstbestimmung und Freiheit des Individuums, sind für sie Teufelszeug. Unter dem fadenscheinigen Vorwand, damit gegen Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Terrorfinanzierung kämpfen zu wollen, werden alle Register gezogen, um der Bargeldverwendung den Garaus zu machen. Obergrenzen für Bartransaktionen und die Abschaffung großer Banknoten (500-Euro-Schein) sind zwei der unübersehbaren Wegmarken. Zehn gute Gründe für das Bargeld finden sich übrigens ausgerechnet auf der Seite einer staatlichen Institution – der Münze Österreich.
Es geht mit der Freiheit bergab
Mit der Freiheit geht es bergab, was vielen Zeitgenossen wohl deshalb nicht auffällt, weil sie in dünnen Scheiben abgetragen wird. Erst die Rückschau über einen längeren Zeitraum hinweg, macht das Ausmaß ihrer Einschränkung deutlich: Was war vor 20, 30 Jahren alles möglich, was heute längst Tabu ist?
Die Stimmen zur weiteren Zurückdrängung oder gar Abschaffung des Bargeldes mehren sich. Soeben hat der deutsche Bundesfinanzminister Christian Lindner eine Lanze für das „digitale Bargeld“ (ein Oxymoron!) gebrochen und sich damit als Feind des Bargeldes deklariert. Das ist insofern bemerkenswert, weil Herr Lindner ja nicht als Agent der umverteilungssüchtigen Linkspartei agiert, sondern als Chef der FDP liberale Werte hochhalten sollte – und dazu gehört die anonyme private Geldgebarung. Lindner: „Die Einführung eines digitalen Euro sollten wir für einen großen Innovationssprung nutzen: Digitales Bargeld kann unseren Alltag leichter machen & ein Wachstumsmotor für die Wirtschaft sein.“ Wie gesagt: Digitales Bargeld ist so etwas wie ein schwarzer Schimmel oder ein wirtschaftskundiger Klimaaktivist: ein Widerspruch in sich. Wenn das, was Herr Lindner und sein im Sturzflug befindlicher Verein vertreten, liberale Politik ist, die dann ist der Liberalismus so tot wie ein Dodo.
Märchenhafte Möglichkeiten
Nicht auszudenken, welche märchenhaften Möglichkeiten sich der Politnomenklatura eröffneten, gäbe es nur noch digitales Geld. Kein Cent privaten oder betrieblichen Vermögens wäre mehr vor dem Zugriff des Staates sicher. Enteignungen sind zwar auch in einem Bargeldsystem möglich, aber deutlich aufwendiger als nach einer Abschaffung des Bargeldes. Anstatt Rollkommandos in Marsch zu setzen, um Bargeld in privaten Safes und unter Matratzen aufzuspüren und zu konfiszieren, würden ein paar Mausklicks die Enteignung sicherstellen. Zudem könnten Negativzinsen auf Bankeinlagen in beliebige Höhen getrieben werden und niemand hätte die Möglichkeit, sein Geld dieser Art der Entwertung zu entziehen. Im Vergleich zu einer Welt ohne Bargeld, wäre die aus Orwells dystopischen Roman „1984“ das reinste Paradies.
Zweite firmierende Front darf nicht übersehen werden
Parallel zum Kampf gegen das Bargeld, darf auch eine zweite, unter dem Namen europaweites Vermögensregister firmierende Front nicht übersehen werden. Auch dafür wird der Schmäh des vorgeblichen Ziels der Verbrechensbekämpfung vorgeschützt, um einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zur Konfiskation privater Vermögen zu tun. Hält die Brüsseler Hochbürokratie die Bürger der Union allesamt für Idioten? Zitat aus dem Studiendesign zur Erstellung des Vermögensregisters: „Die Möglichkeit, Daten über das Eigentum an anderen Vermögenswerten wie Kryptowährungen, Kunstwerken, Immobilien und Gold in das Register aufzunehmen, ist ebenfalls zu berücksichtigen.“
Inwiefern aber sollte die Kenntnis über den Besitz von Kunstwerken oder Goldschmuck eine Handhabe zur Kriminalitätsbekämpfung liefern? Und Geldwäsche ist damit erst recht nicht zu unterbinden, weil die dann eben außerhalb der EU stattfindet. Selbst den naivsten Gemütern sollte daher einleuchten, dass es um eine Vorbereitungshandlung geht. Gesetzestreue Waffenbesitzer kennen das Procedere bereits: Zuerst die Registrierung, dann die Beschlagnahme: Bestimmte, legal besessene und damit amtsbekannte Waffentypen, dürfen im Todesfall ihres Eigentümers nämlich nicht vererbt werden und sind somit Eigentum auf Zeit.
Genauso verhält es sich mit allen privaten Vermögenswerten. Wenn dem Regime danach ist, ist es damit vorbei. Spar- und Girokonten, sowie Wertpapierdepots, sind vor dem Zugriff des Fiskus nicht sicher. Und Zwangshypotheken auf lastenfreie Liegenschaften sind schneller eingetragen, als man glaubt. In den eigenen vier Wänden befindliche Werte sind somit die letzten noch nicht amtlich erfassten Vermögensteile. Ein EU-weites Vermögensregister würde damit Schluss machen. Freuen wir uns gemeinsam auf diese schöne neue Welt!
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