Einer meiner ehemaligen Schüler wird von einem jungen Mann mit Migrationshintergrund schwer verletzt und krankenhausreif geschlagen, weil er sich mit einem Mädchen unterhält, das aus Sicht dieses Jugendlichen „ihm gehört“. Das Krankenhaus erstattet Anzeige gegen Unbekannt, weil das Opfer die Identität des Täters nicht preisgeben möchte, zu groß ist die Angst vor weiterem Terror durch den Täter und dessen Freunde.

Ähnlich geht es auch Schulleitern und Schulleiterinnen, Lehrern und Lehrerinnen. Neben der Angst vor dienstrechtlichen Konsequenzen, fürchtet man sich vor allem vor den Eltern, der Familie oder den Freunden der Täter. Werden sie mit Gewalt reagieren, mir privat auflauern, das Auto demolieren, oder Ähnliches?

Durchaus berechtigt ist auch die Befürchtung, durch diese realen Erzählungen und Situationsbeschreibungen zugewanderten Menschen zu schaden, die ebenfalls zu den betroffenen Communities gehören, aber großen Integrationswillen haben, fleißig sind, ein positiver Teil unserer Gesellschaft sein wollen.

Trotzdem ist es wichtig, aufzustehen, zu erzählen, was vor sich geht, zu erkennen, was die Ursachen sind. Nur, wenn man ein Problem erkennt und es auch benennt, beginnt man über Lösungen nachzudenken.

Protest der Lehrergewerkschaft

Zurück zur Schule: Je mehr Menschen erzählen, was in unseren Schulen los ist, desto mehr wird die Behörde, die Politik erkennen müssen, dass es höchste Zeit ist, zu reagieren, Lösungen zu suchen und vor allem Grenzen zu setzen.

Einen wichtigen Beitrag hat nun die Lehrergewerkschaft gesetzt: Am 17. Oktober protestierte die Lehrergewerkschaft vor der Bildungsdirektion. Es ging in der Kundgebung nicht darum, für bessere Gehälter zu kämpfen, die Arbeitszeit zu verkürzen oder die Ferien zu verlängern. Es ging schlicht, prägnant und laut um einen Satz: „Wir schaffen das nicht mehr!“

Lehrer und Lehrerinnen haben diesen Beruf ergriffen, weil ihnen Kinder am Herzen liegen und sie diese positiv in ihrer Entwicklung begleiten wollen. Aber sie kommen nicht mehr dazu. Sie sind in diesem Beruf, weil sie Kinder etwas beibringen wollen, aber es gelingt nicht mehr.

Störungen sind zu groß

Zu groß sind die Störungen, zu schlecht die Bedingungen für die lernwilligen Kinder. Lärm, Unruhe, Mobbing und Gewalt verhindern die notwendige positive Lernumgebung. Kulturkampf und Religion überlagern die Lerninhalte. Dazu fehlen auch in großen Teilen der Schüler und Schülerinnen die notwendigen Deutschkenntnisse, um dem Unterricht folgen zu können. Selbst in Regelklassen fehlen die positiven Sprachvorbilder.

Die Schulen sind über dem Limit, die Lehrer und Lehrerinnen schaffen das nicht mehr. Kinder haben ein Recht auf Bildung und sichere Schule. Es muss sich schnell viel ändern, wenn wir optimistisch in die Zukunft blicken wollen.

INFO

Christian Klar ist Schuldirektor in Wien

– Lehrer in verschiedenen Schulen
(Hauptschule, jüdische Privatmittelschule, Polytechnische Schule, Pädagogische Hochschule)

– Seit elf Jahren Schulleiter einer öffentlichen Wiener Mittelschule (“Brennpunktschule”)