Wenn man das innenpolitische Geschehen dieser Republik seit mehreren Jahrzehnten verfolgt und teilweise kommentiert, sollten einem als Journalist Emotionen einzelnen handelnden Personen gegenüber eigentlich fremd sein. Erstens, weil ein Großteil des einschlägigen Personals emotional ungefähr so interessant ist wie eine Mikrowelle bei Stromausfall, und zweitens, weil Emotionen ja bekanntlich einer vernunftgetriebenen Analyse eher nicht so dienlich sind.

Trotzdem muss ich gestehen, dass es mir nicht und nicht gelingen will, dem neuen SPÖ-Vorsitzenden Andreas »A-woarme-Moahlzeit«-Babler mit dieser Haltung völliger Gelassenheit entgegenzutreten.

Irgendetwas an dem Mann irritiert mich auf eine eher unangenehme Weise, und nein, es ist in diesem Kontext nicht seine politische Haltung, nicht die Lenin-Büste in seinem Büro, nicht das dreiste Begehren, anderen Menschen etwas wegzunehmen, das ihnen rechtmäßig gehört.

Die Verachtung der Bildung

Linke, die so ticken, gibt es ja nicht gerade wenige, und trotzdem lösen sie in aller Regel nicht dieses diffuse Gefühl des Unbehagens aus wie Andreas Babler.

Nachdem ich mich widerwillig, aber furchtlos im Interesse der Forschung und des wissenschaftlichen Fortschritts gezwungen habe, mehrere Babler-Reden zu konsumieren, ist das Rätsel nunmehr aber freilich gelöst.

Denn Babler signalisiert in allen seinen öffentlichen Auftritten eine Attitüde, die SPÖ-Vorsitzenden bisher ausnahmslos fremd war: eine offen gezeigte Verachtung für Bildung. Der Mann will nicht einmal den Eindruck erzeugen, über Bildung zu verfügen, stattdessen versucht er, durchaus mit Erfolg, sich als eine Art Popstar der Unkultur zu inszenieren. Schon seine derbe, grammatikalisch mehr als simple Sprache, die mit bemerkenswert wenigen Wörtern das Auskommen findet, jeglichen Witz oder gar jegliches Glänzen meidet, belegt diesen Anspruch. Man kann das »authentisch« finden, aber auch einfach vulgär und antiintellektuell. Dazu kommt eine geradezu demonstrative Verachtung für Sachkunde und Detailwissen, garniert mit einer Neigung zu Behauptungen von geringer Belastbarkeit.

Die Heroisierung des Niedrigen

Was aber allein nicht reichen würde, unangenehme Emotionen zu generieren. Die entstehen erst dadurch, dass Babler seine Defizite, strategisch durchaus nicht unklug, gleichsam heroisiert und zum Teil seiner Marke macht.

Eher schwierig zu ertragen daran ist die von ihm permanent und penetrant vorgetragene Verbindung dieser Defizite mit einer aggressiven Anspruchshaltung, die er mit dem ständig vorgetragenen Slogan »Wir sind keine Bittsteller, wir haben einen Anspruch auf (was auch immer)« dokumentiert.

Die Botschaft, die hier transportiert wird, ist klar: Nicht etwa Weiterbildung, das Erlernen von Kultur, das mühselige Streben nach Verbesserung der eigenen Lebensumstände, sollen zur Emanzipation der »kleinen Leute«, der noch verbliebenen Arbeiter führen, sondern die bloße Behauptung eines Anspruchs.

Emanzipation durch Bildung, das war einmal

Man kann das durchaus als Kulturbruch in der SPÖ betrachten. Deren führende Persönlichkeiten, auch wenn sie einfachen Verhältnissen entstammten, waren fast immer um Emanzipation durch Bildung, den Erwerb von Fähigkeit, den selbst erarbeiteten Aufstieg bemüht; für sich selbst, aber vor allem auch als ideologisches Konzept.

Den Arbeiter zu emanzipieren, indem man ihm und vor allem auch seinen Kindern die Chance in die Hand drückt, sich weiterzubilden – das war eigentlich stets eine außerordentlich sympathische Attitüde der SPÖ, gleich, wie man sonst zu ihr stand.

Die große Verarmung

Babler, dessen eigene Biografie ja nicht wirklich von der Verwirklichung dieses alten sozialdemokratischen Prinzips »Aufstieg durch Bildung« durchdrungen ist, scheint das nicht fortsetzen zu wollen – oder zu können.

Stattdessen eine Kombination aus sprachlicher, aber auch inhaltlicher Vulgarität, verbunden mit einer darauf begründeten selbstbewussten Dreistigkeit, zu demonstrieren, ist letztlich seine Sache. Wenn das aber heißt, dass dies sozusagen der neue Markenkern der neuen Partei wird, dann bedeutet das nicht nur für die SPÖ eine Verarmung, sondern für das ganze Land.

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Kommentare

  • hans1958 sagt:

    Denke, dass Babler die marxistische SPÖ endgültig entsorgt….und das ist gut so.

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  • Trump sagt:

    Herr Babler hat vermutlich jede erdenkliche Schulung der Gewerkschaft genossen und sieht dies als seinen Bildungsschatz an. Damit kann er für die SPÖ-Kernwählerschicht, seine geliebte Arbeiterklasse, jederzeit ein Held sein: “A working class hero is something to be”…

  • leo sagt:

    Dummdreist nennt man so eine Verhaltensweise.

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  • Anna Schneider sagt:

    Irgendwie stört mich das Wort Kulturbruch in Zusammenhang mit Babler …

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    1. Max sagt:

      Zwei-zeiler Kickl ist natürlich verärgert wenn seine Bierzeltrhetorik kopiert wird.

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      1. strizzi1 sagt:

        das Bierzelt ist die Unterhaltung des breiten Volkes, mit denen die abgehobenen Schampus saufenden Linken nichts am Hut haben wollen

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  • Josef sagt:

    Gelernt hat er nicht viel. Seine politischen Gegner sind vielfach Akademiker. Geben wie ihm auch einen Titel, damit er nicht so nackt dasteht, z. B. ‚Tr.‘ Das steht für ‚Traiskirchner‘, damit kein Missverständnis aufkommt.

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  • Josef sagt:

    Mit einem Wort: ein Primitivling. Peinlich für die SPÖ, peinlich fü das Land.

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  • Lenau sagt:

    Einen Märtyrer aus Andy zu machen,
    wird den Geldschweinen nicht ge –
    lingen. Abgeschlossener Kinder –
    garten und Volksschule , sowie
    Interesse an vielen Berufen und
    Schulungen erlauben , in bälde
    den Professorentitel zu verleihen.
    Da werden Linke Denker, wie Mislik,
    Pelinka, Mislik, Wolf und wie sie
    alle heissen , schon Sorge tragen.
    Der Rest wird für die Genossen
    Gewöhnung sein. Satire.

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  • Dr. Karl Edlinger sagt:

    Obwohl (öfter “kirchenferner”) Sozialdemokrat, teile ich einige der geäußerten Bedenken. Doch erinnert die Kritik an Bablers angeblicher Bildungsferne frappant an die den Älteren noch gewärtigen Jonaswitze, welche seinerzeit von der ÖVP in Umlauf gesetzt wurden. Nach Vranitzky & Co. hätte Babler zum Hoffnungsträger für enttäuschte Genossen werden können. Die zugegeben etwas simpel und tollpatschig formulierten sozialen Forderungen sind überfällig.
    Aber: wenn die Einkommensschere zu weit auseinandergeht, führt dies a la long zwingend zu sozialen Verwerfungen.
    Auch die Marx-Bezüge sind durchaus akzeptabel. Alle, die sie kritisieren, sollten sich einmal fragen, ob sie von Karl Marx mehr kennen, als den Namen und das Zerrbild, welches VP und FP von ihm verbreiten. Sich in Marx einzulesen, ist um einiges schwerer, als die simplen Aussagen von Stocker u. a. zu verstehen.
    Die Legalisierung der Einstiegsdroge Cannabis zu fordern, grenzt m. E. an Irrsinn. Wir haben ohnehin mit dem legalen (!) Suchtgift Alkohol genug Probleme. Auch in der Migrationsfrage wären wohl Doskocils Positionen praktikabler gewesen. Die Liste lässt sich fortsetzen.
    Also ein durchaus widersprüchliches Bild, das Babler so abgibt. Ich wünsche ihm (und mir), daß es ihm gelingen möge, meine Bedenken zu zerstreuen.

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    1. Antiwerner sagt:

      Es reicht die Preistheorie von Marx zu kennen.
      Gestehungkosten + Ausbeutung = Gewinn
      Das ist so ziemlich der größte Bledsinn der jemals zusammengedichtet worden ist.
      Und wer morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe als Ziel hat, gehört in die Klapsmühle.
      Schon muss man den Rest seines Schmafus nicht mehr lesen.
      Wer keine Ahnung von Wirtschaft hat, hat keine Ahnung von Wirtschaft.
      Ich glaub, dass ist auch das Unbehagen an Babler.
      Da ist einer stolz darauf überhaupt nichts zu wissen.

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  • 🔸Knickerbocker sagt:

    Es gibt viele Gründe die SPÖ nicht mehr zu wählen, dieser Marx-Babler ist nur noch ein zusätzlicher.

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  • Dackel sagt:

    Sollte die SPÖ unter Babler mit seinen Sprüchen so großen Wählerzuspruch bekommen , dass sie mit Unterstützung anderer Parteien, die unbedingt an die Macht wollen, tatsächlich Erfolg haben, stellt sich die Frage, welches Ansehen Österreich im Ausland genießen wird. Bleibt zu hoffen, dass die Sozialdemokraten, die gebildet sind, das genau bedenken.

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