Der Fall „Kronzeuge Schmid“ wirft einige offene Fragen auf. Warum dauert eine Prüfung derart lange? Und warum braucht es eine gefühlte Ewigkeit, bis der Akt durch alle zuständigen Stellen bis hinauf an die Spitze der Justiz – Justizministerin Alma Zadić – gereicht wurde? Waren sich die Entscheidungsträger vielleicht doch nicht ganz sicher?

Die zahlreichen Korrekturen von Schmids Aussagen deuten jedenfalls darauf hin. Immer wieder musste der nunmehrige Kronzeuge seine belastenden Aussagen gegenüber anderen Beschuldigten berichtigen. Das bedeutet, dass er bei seinem „Geständnis“ nicht die Wahrheit gesagt hat. In mehreren Verfahrenssträngen musste Schmid seine Äußerungen nachbessern, zurücknehmen oder schlicht zurechtbiegen. Es kam sogar zu Verfahrenseinstellungen. Ein besonders aufschlussreiches Beispiel ist sein Vorwurf, wonach Sebastian Kurz bei ihm, Schmid, um eine Gehaltserhöhung für seine Freundin im Finanzministerium interveniert habe. Nachdem Kurz diesen Vorwurf rasch widerlegen konnte, musste Schmid vor den WKStA-Ermittlern zurückrudern: „Eine Bevorzugung gegenüber anderen Mitarbeitern hat Kurz explizit nicht verlangt. Das war auch nicht seine Art“, gab Schmid schließlich zu Protokoll. Die Liste der Richtigstellungen von Schmid ließe sich beliebig fortsetzen.

Offenbar war es jedoch Schmids Art, andere durch offenkundig falsche Behauptungen zu belasten und sich selbst dadurch vom Beschuldigtenstatus freizukaufen – für 260.000 Euro. Doch bleibt für viele Menschen in Österreich die Frage: Kann man sich in Österreich aus einem Strafverfahren einfach freikaufen? Kann man der Justiz Geld geben, um vom Drahtzieher und Hauptbeschuldigten zum Zeugen zu werden, der nichts mehr zu befürchten hat? Müssen dafür letztlich andere „bezahlen“, die womöglich unschuldig sind?

Die Causa Schmid ist hochbrisant und politisch explosiv. Strafrechtsexperten sind sich nahezu einig, dass die Justiz durch ihr Vorgehen dem Instrument „Kronzeuge“ massiv geschadet hat. Schmid hat nachweislich nicht nur falsche Angaben gemacht, sondern bereits von Anfang an die Bedingungen für den Kronzeugenstatus nicht erfüllt. Und letztlich bleibt die entscheidende Frage: War dies das „Abschiedsgeschenk“ der grünen Justizministerin Alma Zadić aus ihrem Amt? War sie selbst in einer derart juristisch sensiblen Angelegenheit nicht in der Lage, ihre grüne Parteibrille abzulegen? Dieser Verdacht drängt sich zumindest auf – insbesondere, wenn man bedenkt, dass der grüne Parteifreund von Zadić, der mittlerweile ausgeschiedene Nationalratsabgeordnete Michel Raimon, erst kürzlich auf „X“ (ehemals Twitter) schrieb, der größte Erfolg der Grünen in der Regierung sei wohl gewesen, Kurz „abgeschossen“ zu haben.