Welche Politik braucht ein Land eigentlich, um zu erreichen, was der legendäre deutsche Nachkriegskanzler Ludwig Erhard, Vater und Vordenker des legendären berühmten Wirtschaftswunders der Bonner Republik, „Wohlstand für alle“ genannt hat; also Prosperität nicht nur für wenige, sondern für breite Schichten der Bevölkerung?

Die Frage ist heute aktueller denn je und genau deshalb wird sie vermutlich im beginnenden Wahlkampf von niemandem ernsthaft diskutiert – die Gefahr, dass dabei wirksame, aber unpopuläre, weil als „neoliberal“ diskreditierte Ideen wie etwa eine radikale Schrumpfkur für den Staat entstehen könnten, ist einfach zu groß. Besonders für Parteien wie ÖVP, SPÖ und Grüne, denen ohnehin nach den Wahlen der Verlust von Pfründen, Futterkrippen und anderen Annehmlichkeiten droht. Da riskiert man lieber nichts, das noch mehr Stimmen kosten könnte.

Ein fataler Irrtum

Das ist schon problematisch genug, weil damit die herrschende wirtschaftliche Stagnation prolongiert wird. Wobei dieser Stillstand de facto ein weiteres Zurückfallen hinter andere vergleichbare Nationen bedeutet – etwa bei der Wettbewerbsfähigkeit von Platz 16 auf Platz 26 allein in den letzten vier Jahren, während etwa die Schweiz immer ganz an der Spitze steht. Sinkende Wettbewerbsfähigkeit bei stark steigenden Löhnen und Gehältern – das wird sich eher früher als später nicht ausgehen.

Fast noch problematischer finde ich freilich, dass bei der Frage, wie „Wohlstand für alle“ zu erreichen sei, immer mehr Menschen allen Ernstes glauben, dass Umverteilung von Vermögen der richtige Weg zu diesem Ziel ist. Selbst die Neos, in wirtschaftspolitischen Dingen sonst eher vernünftig, ziehen in die Wahl mit der Forderung nach einem „Grunderbe“ von 25.000 Euro für alle 18-Jährigen – Geld, das zuvor über den Weg von Steuern ja auch jemandem anderen weggenommen werden muss.

Den wenigsten Menschen in diesem Land ist hingegen klar, dass Umverteilung nicht den geringsten Wohlstand schafft. Nichts, Nüsse, nada.

Das Geheimnis der Sauce

Wohlstand, und auch das hat sich leider nicht ausreichend herumgesprochen, und ist auch kein Thema dieses Wahlkampfs, entsteht ausschließlich durch Investitionen von Unternehmern und der Arbeit ihrer Beschäftigten plus Innovationen und steigende Produktivität. Das ist das ganze Geheimnis der Sauce.

Deshalb hat übrigens auch die Millionenerbin Marlene Engelhorn dem Land entgegen einer weit verbreiteten Meinung einen schlechten Dienst erwiesen, indem sie unter großem öffentlichem Aufsehen 25 Millionen Euro von ihrem Erbe an diverse NGOs „umverteilte“, wie sie das selbst bezeichnete.

Sie trug damit, wohl durchaus beabsichtigt, zur weiteren Verbreitung der völlig irrigen Annahme bei, „Umverteilung“ sei der Weg zu „Wohlstand für alle“.

Was, wenn Musk enteignet wird?

Wie wenig Sinn das macht, zeigt  schon ein ganz simples Gedankenexperiment: Selbst wenn wir das Vermögen des reichsten Menschen der Welt – derzeit Elon Musk mit weit über 200 Milliarden Dollar – auf alle anderen Bewohner dieses Planeten „umverteilen“, springt dabei für jeden der glücklichen Beschenkten gerade einmal der Gegenwert von nicht einmal einer Stange Zigaretten heraus; enteignen wir alle globalen Hyperreichen, könnten sich vielleicht ein paar Stangen ausgehen – einmalig, denn dann ist das ganze Geld weg. „Wohlstand für alle“ sieht wirklich anders aus.

Kronzeugen, die nichts taugen

Trotzdem werden Reiche, die einen Teil ihres Vermögens verschenken, regelmäßig zu Stars der Medien. Das kann man irgendwie verstehen, denn für politisch sehr oft eher linksdrehende Medienmenschen sind sie ideale Kronzeugen der Anklage, die mangelnde „Umverteilung“ als Ursache mangelnden Wohlstands für alle betrachtet.

Millionenerben, denen es nicht um das Füttern ihres Egos, sondern tatsächlich um die Förderung des Wohlstands ihrer Mitmenschen geht, würden ihre Millionen freilich nicht verschenken, sondern investieren. Etwa in eine Handvoll von Start-ups, aus denen sich im Lauf der Jahre bedeutende Unternehmen entwickeln, die im Idealfall tausende Menschen beschäftigen und so wirklichen Wohlstand schaffen und mehren.

Es wäre, auch wenn es natürlich nicht ganz einfach ist, derzeit vielleicht ein guter Zeitpunkt, dieses Gedankengut in Politik zu gießen, denn der Zeitgeist wendet sich in ganz Europa gerade von den woken, linksgrünen Illusionen ab, zu denen ja auch der Glaube an Wohlstand durch Umverteilung gehört. „Europa wird konservativer“, urteilte jüngst etwa die NZZ, „seine Neigung, sich etwa in der Klimapolitik als moralische Supermacht aufzuspielen, nimmt ab. Wirtschaftliche Fragen rücken auf der Tagesordnung nach oben. Angesagt ist jetzt mehr Realismus und weniger grün eingefärbter Idealismus.“

Leider ist von dieser heraufdämmernden neuen Grundstimmung im hiesigen Wahlkampf noch nichts zu spüren, nicht einmal bei ÖVP und Neos. Aber auch bei Wahlen gilt: Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben.