Kolumne Eva Schütz: ÖVP und SPÖ – Weiterwurschteln wie bisher
Erstmals gelingt es der FPÖ, bei einer landesweiten Parteienwahl am Stockerl ganz oben zu stehen. Nach 79 Jahren, in denen sich SPÖ und ÖVP immer den ersten Platz untereinander ausgemacht haben, drängt nun eine dritte starke Kraft in die vordere Reihe. Und was machen die beiden Wahlverlierer? Man redet sich das Wahlergebnis schön. Keine Konsequenzen. Man geht zur Tagesordnung über und wurschtelt weiter.
Dabei sollte dieses Wahlergebnis ein Weckruf sein. Es abzutun, als wäre das „nur“ die EU-Wahl gewesen und hätte keine innenpolitische Ursache oder Wirkung, ist falsch und zeugt von einem mangelnden Gespür für die Themen und Probleme, die die Menschen in Österreich bewegen. Die Warnung, ein Rechtsruck tut dem Land nicht gut und würde spalten, ist noch lange kein Programm.
Besonders bitter ist dieses Wahlergebnis für die ÖVP. Nach verlorenen Landtagswahlen in Niederösterreich, Tirol und Salzburg setzt es nun eine noch herbere bundesweite Wahlkampfschlappe mit fast minus 10 Prozent. Dieses Ergebnis brachte zwar nicht den totalen Absturz, bedeutet aber dennoch den Verlust des ersten Platzes und auch das schlechteste Ergebnis für die ÖVP bei EU-Wahlen. Für die selbsternannte Europapartei ein schwerer Dämpfer. Die ÖVP-Strategen, die schwarzen Landeshauptleute und Kanzler Karl Nehammer wären gut beraten, dieses Ergebnis nicht auf Brüssel abzuwälzen oder schönzureden. Es mag zwar eine Aufholjagd gewesen sein, wie sie am Wahlabend von der ÖVP bezeichnet wurde, und man gelobt Besserung, aber vielmehr ist es eine schmerzhafte Abwahl, die eigentlich den einen oder anderen Parteiverantwortlichen wachrütteln sollte. Eine FPÖ auf Platz eins in Oberösterreich und in der Steiermark sowie ein knappes Rennen in Niederösterreich ist ein Stich mitten ins Mark der bisherigen schwarzen Hochburgen. Besonders in der Steiermark, wo im Herbst Landtagswahlen stattfinden, sollten spätestens jetzt die Alarmglocken schrillen, denn der Verlust des schwarzen Kernlandes samt Landeshauptmannsessel drohen.
Andreas Babler kann auch ein Jahr nach seiner holprigen Kür zum SPÖ-Parteivorsitzenden die Wahlbevölkerung wenig bis gar nicht begeistern.
In der SPÖ löst der Wahlsonntag ebenfalls keine Euphorie aus. Andreas Babler kann auch ein Jahr nach seiner holprigen Kür zum SPÖ-Parteivorsitzenden die Wahlbevölkerung wenig bis gar nicht begeistern und der stolzen Sozialdemokratie zu keinem neuen Glanz verhelfen. Trotz leichtem Minus sieht er seine Partei nach dieser Wahl „stabilisiert“. Das ist nach Rendi-Wagners „die Richtung stimmt“ vom Wahlabend 2019 die nächste Aussage eines SPÖ-Parteivorsitzenden, die stark daran zweifeln lässt, ob die rote Parteispitze die Botschaften des Wahlvolkes richtig versteht.
Es ist jedenfalls nach dieser Wahlnacht offensichtlich, dass weder ÖVP noch SPÖ aus den gestrigen und früheren Wahlniederlagen gelernt haben. Es ist nicht der erste Wahlsonntag mit langen Gesichtern bei rot und schwarz. Es wiederholen sich die Dinge, nur diesmal ist die FPÖ tatsächlich an beiden Parteien vorbeigezogen und lächelt nun als ewig geglaubter Dritter vom Thron.
Wir können also davon ausgehen, dass sich nichts ändern wird und das wirklich böse Erwachen auf die Nationalratswahl in drei Monaten verschoben wird. Dann ist es aber zu spät! Jetzt hätten ÖVP und SPÖ noch die Möglichkeit und die Zeit für personelle Veränderungen und eine inhaltliche Schärfung ihrer Themen. Stattdessen negieren sie das Wahlergebnis und liefern sich noch am Abend einen Wettlauf, wer nun in das Kanzlerduell mit Kickl geht. Leicht möglich, dass es nur ein Schattenboxkampf wird, weil das wirkliche Duell um Platz zwei laufen wird – wieder zwischen ÖVP und SPÖ, während dann Kickl vom Thron lächelt. Überraschen würde es nicht.
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