
Kolumne Lorenz Mayr: Geht der Bauer, stirbt das Land!
In einer sich ständig verändernden Welt bleibt auch die Landwirtschaft nicht vom Wandel verschont. Strukturwandel – das klingt oft dramatisch, doch es ist ein Phänomen, das alle Branchen betrifft und uns stets begleitet hat. Wir Bauern und Bäuerinnen stehen dabei vor besonderen Herausforderungen, sei es durch den globalen Welthandel, den Klimawandel oder die steigenden Anforderungen an Tierwohl- und Umweltstandards.
In einer Welt, in der der Schiffstransport von Brasilien nach Europa weniger kostet als eine LKW-Fahrt innerhalb der EU und die Produkte von uns Bauern als austauschbare Rohstoffe betrachtet werden, geraten wir Landwirte zunehmend in die Zwickmühle. Höhere Standards und Kosten in Österreich stehen niedrigen Preisen gegenüber, die nicht weitergegeben werden können. Hier droht die 1:1 Wiederholung dessen, was auch der amerikanischen und zum Teil der europäischen Industrie passiert ist. Outsourcing kostete Arbeitsplätze und hat, schauen wir auf einstig mächtige Industriestädte im „Rust Belt“-Amerikas und auf die Ruinen, die dortgeblieben sind, der Heimat nachhaltig geschadet. Nun droht dieses Szenario in Deutschland mit VW, unter anderem auch durch eine völlig verfehlte linke Wirtschafts- und Klimapolitik. Mit allen politischen Konsequenzen, die auch bei der US-Wahl zu sehen waren.
Wollen wir tatsächlich, dass unsere Lebensmittelproduktion ausgelagert ist, und China, USA, Indien, Russland, Argentinien und Brasilien entscheiden, was wir essen, oder angesichts der aktuellen Krisen scheint die Frage berechtigt – ob wir überhaupt etwas essen dürfen? Corona und die Schiffshavarie im Suez-Kanal hat klar und deutlich aufgezeigt, wie schnell internationale Lieferketten zusammenbrechen können. Der Gashahn ist ebenso schnell zugedreht wie ein Schiff mit Lebensmitteln in den Hafen zurückkehrt.
Die Dramatik rund um die bäuerlichen Einkommen ist klar belegbar: Das durchschnittliche landwirtschaftliche Einkommen ist 2023 erneut um 14 % gesunken und liegt nur noch knapp über dem Niveau von 2021. Wir Bäuerinnen und Bauern, die Tag und Nacht in Ställen und auf Feldern arbeiten, sehen sich ständig steigenden Betriebskosten gegenüber – sei es für Saatgut, Futtermittel oder Maschinen. Viele Betriebe, die noch 2022 von höheren Erzeugerpreisen profitierten, sind mittlerweile tief im Minus. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU, die eigentlich die Landwirtschaft fördern sollte, führt oft zu zusätzlicher Bürokratie und wenig sinnvollen Regulierungen.
Strukturwandel – Verlust der Tradition?
Die kleinen Betriebe, die einst die Seele unserer ländlichen Kultur ausmachten, verschwinden in rasantem Tempo. Österreichs Landwirtschaft ist traditionell klein strukturiert – was eigentlich eine Stärke sein könnte. Doch ohne gezielte Unterstützung sind diese Betriebe gezwungen, aufzugeben. Jeder geschlossene Hof bedeutet den Verlust von Arbeitsplätzen, von Tradition und von Wissen, das oft über Generationen weitergegeben wurde.
Wir können es aber auch schaffen!
Die Agrarpolitik muss sich ändern und den Fokus auf Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit legen. Wenn den Landwirten im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung immer weniger Einkommen bleibt, bleiben nur zwei Wege: Produktivitätssteigerung oder Wachstum. Beide Wege haben die österreichischen Landwirte in den letzten Jahrzehnten eingeschlagen. Doch nun stoßen wir an die Grenzen dessen, was ein Familienbetrieb leisten kann – an die Grenzen des gesellschaftlich und gesetzlich Erlaubten und leider oft auch an persönliche Grenzen.
In einer Welt, in der die USA, China und Russland alles tun, um ihre Landwirte zu stärken und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, lässt die EU ihre Bauern am vermeintlich „freien“ Weltmarkt im Stich.
Wir haben jetzt die Chance, die Landwirtschaft so zu gestalten, dass sie sowohl ökologisch als auch ökonomisch nachhaltig ist – eine Entwicklung, die unsere ländlichen Regionen stärkt und den Menschen vor Ort Zukunftsperspektiven bietet. Es ist an der Zeit, dieser Realität ins Auge zu sehen und zu erkennen, dass eine einheitlich geregelte europäische Landwirtschaft mehr als schöne Worte braucht – ein klares Bekenntnis aus Brüssel ist notwendig. Die bäuerliche Landwirtschaft ist Rückgrat und Herzstück Europas, und wir werden nicht zulassen, dass sie im politischen Spiel untergeht, denn klar ist: Geht der Bauer, stirbt das Land!
Lorenz Mayr ist Landwirt in Steinabrunn im Weinviertel.
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Kommentare
Sg. Hr. Lorenz Mayer, die Bauern sind stets sehr innovativ gewesen, sind mit Grund und Boden verwurzelt und ein wichtiger und wesentlicher Bestandteil unseres Landes und unserer Gesellschaft. Gerade im Alpenvorland und Alpenland ist die Kleinteiligkeit ein wichtiger Bestandteil, um den Boden und die Landschaft urbar zu machen und bewirtschaften zu können. Auch ich halte nichts vom Mercosur Abkommen ( Franz. Bauern ). Es kommen große Herausforderungen im Jahr 2025 auf unsere Bauern zu: hohe Energiepreise, unnötige Bürokratie und billige Agrarimporte aus der Ukraine, geringe Entgelte, die sich immer mehr der EU annähern wird, um Überleben zu können. Die Bauern werden um Rechte und gute Entgelte mehr kämpfen müssen, die Verteilungskämpfe in der EU werden härter werden. Was aber die Bauern immer ausgezeichnet hat: nicht aufzugeben und immer neue Wege und Lösungen zu finden.
Undemokratische Kräfte sind am Werk.
.. noch was: wieso sitzt der Bauernbund nicht bei den Regierungsverhandlungen aktiv mit drin, obwohl er sehr wichtiger Stimmenbringer für die VP ist? In der ausg´machten Koalition könnte man sich an der richtigen Stelle einbringen, um die falschen Entwicklungen zumindest da und dort umzulenken!
Warum nur? Der Bauerstand hat ehemals über 20% der Bevölkerung gestellt, nun sind es gerade einmal 5% oder weniger. Übrigens fast dasselbe bei der Arbeiterschaft, die sich jetzt lieber als Angestellte anstellen lassen. D.h. die ehemaligen “Volks”parteien verlieren ihr Klientel und die Roten sind nur noch durch ihre aussterbenden Pensionistas auf dem politischen Parkett zu finden.
Was es bräuchte? Eine Neuausrichtung bzw. Neudefinition des: was braucht der Einzelunternehmer (Bauer, Einzeldienstleister…) oder KMU-ler oder …
zum Überleben in diesem Dschungel der Transatlantiker?
Gutes Statement, aber leider agiert das Zentralkomitee der Bündepartei, obwohl die bäuerlichen Mitglieder den Großteil der Basis ausmachen, seit langem pro Strukturwandel.
Lorenz Mayr ist ein grundsolider VP – Politiker, der die ökonomischen und ökologischen Aspekte mit Nachhaltigkeit gut unter einen Hut bringen möchte. Lokal konnte er schon viel Positives erreichen.
Aber die starken Arme im Hintergrund, gesteuert von Mächtigeren, geben dem System eine andere Richtung.
Denken wir weiter, bedeutet dieser vorherrschende Strukturwandel – “Mainstream”, dass letztlich mehr und mehr Flächen für unsere eigene Lebensmittelversorgung weg von Bauernfamilien, hin in die Verfügungsgewalt von nicht – bäuerlichen Großinvestoren kommen.
Es wird auf fruchtbaren Böden natürlich weiterhin Landwirtschaft geben, ABER: wollen wir, dass das Land in den Händen vieler Bauernfamilien mit Bezug zur Heimat, als Teil der Bevölkerung, bleibt – oder soll das Land innerhalb des Staatsgebiets auch in die Verfügungsgewalt anonymer Investoren kommen, die schon einen unglaublichen Teil der Flächen z.B. im ehemaligen Ostblock billig aufgekauft haben und irgendwann der Bevölkerung den Brotkorb sehr hoch hängen werden?!
Ach ja, wer hat eigentlich die GrünInnen mit ihrem Renaturierungsgesetzt in die Regierung geholt und würde notfalls auch wieder mit denen koalieren, damit der Karli kanzerln kann?
Tja, vielleicht sollten die Landwirte mal darüber nachdenken welche Partei sie vertritt bzw ihnen ein Zukunftsperspektive bietet. Kleiner Tipp, die ÖVP ist es nicht mehr! Aber da seit ihr ja ziemlich stur, macht euer Kreuz immer noch bei denen und jammert rum, dass die kleinen und mittelständischen Landwirte aussterben.com
Ein sehr guter Artikel!👍
Die Überschrift ist falsch, Hr. Mayr. Geht der Bauer, stirbt die Stadt. Das Land wird weiter leben.
Der schlaue Bauer wählt blau
Einfache Frage an Mister Lorenz Mayr:
Welche Fraktion tut seit Dekaden so als wäre sie für unsere Landwirtschaft, ist jedoch am Niedergang maßgeblich beteiligt?
Ist ganz einfach, es ist die ÖVP!