In einer Welt, in der der Schiffstransport von Brasilien nach Europa weniger kostet als eine LKW-Fahrt innerhalb der EU und die Produkte von uns Bauern als austauschbare Rohstoffe betrachtet werden, geraten wir Landwirte zunehmend in die Zwickmühle. Höhere Standards und Kosten in Österreich stehen niedrigen Preisen gegenüber, die nicht weitergegeben werden können. Hier droht die 1:1 Wiederholung dessen, was auch der amerikanischen und zum Teil der europäischen Industrie passiert ist. Outsourcing kostete Arbeitsplätze und hat, schauen wir auf einstig mächtige Industriestädte im „Rust Belt“-Amerikas und auf die Ruinen, die dortgeblieben sind, der Heimat nachhaltig geschadet. Nun droht dieses Szenario in Deutschland mit VW, unter anderem auch durch eine völlig verfehlte linke Wirtschafts- und Klimapolitik. Mit allen politischen Konsequenzen, die auch bei der US-Wahl zu sehen waren.

Wollen wir tatsächlich, dass unsere Lebensmittelproduktion ausgelagert ist, und China, USA, Indien, Russland, Argentinien und Brasilien entscheiden, was wir essen, oder angesichts der aktuellen Krisen scheint die Frage berechtigt – ob wir überhaupt etwas essen dürfen? Corona und die Schiffshavarie im Suez-Kanal hat klar und deutlich aufgezeigt, wie schnell internationale Lieferketten zusammenbrechen können. Der Gashahn ist ebenso schnell zugedreht wie ein Schiff mit Lebensmitteln in den Hafen zurückkehrt.

Die Dramatik rund um die bäuerlichen Einkommen ist klar belegbar: Das durchschnittliche landwirtschaftliche Einkommen ist 2023 erneut um 14 % gesunken und liegt nur noch knapp über dem Niveau von 2021. Wir Bäuerinnen und Bauern, die Tag und Nacht in Ställen und auf Feldern arbeiten, sehen sich ständig steigenden Betriebskosten gegenüber – sei es für Saatgut, Futtermittel oder Maschinen. Viele Betriebe, die noch 2022 von höheren Erzeugerpreisen profitierten, sind mittlerweile tief im Minus. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU, die eigentlich die Landwirtschaft fördern sollte, führt oft zu zusätzlicher Bürokratie und wenig sinnvollen Regulierungen.

Strukturwandel – Verlust der Tradition?

Die kleinen Betriebe, die einst die Seele unserer ländlichen Kultur ausmachten, verschwinden in rasantem Tempo. Österreichs Landwirtschaft ist traditionell klein strukturiert – was eigentlich eine Stärke sein könnte. Doch ohne gezielte Unterstützung sind diese Betriebe gezwungen, aufzugeben. Jeder geschlossene Hof bedeutet den Verlust von Arbeitsplätzen, von Tradition und von Wissen, das oft über Generationen weitergegeben wurde.

Wir können es aber auch schaffen!

Die Agrarpolitik muss sich ändern und den Fokus auf Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit legen. Wenn den Landwirten im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung immer weniger Einkommen bleibt, bleiben nur zwei Wege: Produktivitätssteigerung oder Wachstum. Beide Wege haben die österreichischen Landwirte in den letzten Jahrzehnten eingeschlagen. Doch nun stoßen wir an die Grenzen dessen, was ein Familienbetrieb leisten kann – an die Grenzen des gesellschaftlich und gesetzlich Erlaubten und leider oft auch an persönliche Grenzen.

In einer Welt, in der die USA, China und Russland alles tun, um ihre Landwirte zu stärken und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, lässt die EU ihre Bauern am vermeintlich „freien“ Weltmarkt im Stich.

Wir haben jetzt die Chance, die Landwirtschaft so zu gestalten, dass sie sowohl ökologisch als auch ökonomisch nachhaltig ist – eine Entwicklung, die unsere ländlichen Regionen stärkt und den Menschen vor Ort Zukunftsperspektiven bietet. Es ist an der Zeit, dieser Realität ins Auge zu sehen und zu erkennen, dass eine einheitlich geregelte europäische Landwirtschaft mehr als schöne Worte braucht – ein klares Bekenntnis aus Brüssel ist notwendig. Die bäuerliche Landwirtschaft ist Rückgrat und Herzstück Europas, und wir werden nicht zulassen, dass sie im politischen Spiel untergeht, denn klar ist: Geht der Bauer, stirbt das Land!

Lorenz Mayr ist Landwirt in Steinabrunn im Weinviertel.