Ruth Pauli: Zuckerln, die die Zukunft kosten
Es lebe der Klimawandel! Statt der eisigen Winterstürme nieselt warmer Geld-Regen auf uns herab. Die Regierung macht, was die Opposition nur unaufhörlich fordern kann: Mit vollen Händen Geld, das wir nicht haben, über das Wahlvolk ausstreuen, meint eXXpress-Kolumnistin Ruth Pauli.
Wie von kreisenden Hubschraubern soll es als Inflations- und Impf-Trostpflaster über Arm und Reich ausgestreut werden. Das Geld, das sonst laut Sprichwort auf der Straße liegt, muss der beglückte Bürger nicht einmal aufheben, er kann es einfach abheben, denn es landet bequem auf dem Konto. Wunderbar. Wählt uns wieder, steht ganz groß drauf. Und als kleingedruckter Nachsatz: Rechnung bitte an unsere Kinder und Enkel schicken.
Das alles ist leider nur halb so lustig. In den Monaten der Pandemie wurden unter dem Motto „Koste es, was es wolle“ (bisher abgerechnete) 43 Milliarden in die Hand genommen, um das Land, seine Wirtschaft und seine Menschen durch die Krise zu bringen. Es stimmt schon: Auch dieses Geld hatten wir nicht. Aber jeder noch so kritische Geist muss bekennen, dass es gut eingesetzte Schulden waren. Sie haben ihren Zweck erfüllt, das zeigt schon, wie schnell sich Wachstum und Wirtschaftsleistung erholen können, sobald der Pandemie-Druck nachlässt.
Deutet Geschenk auf Wahltermin hin?
Nur: Nach dem Prinzip „Wer will noch mal, wer hat noch nicht“ macht das Kabinett Nehammer/Kogler hurtig – und unsinnig – mit der Schuldenpolitik weiter. Die Einführung einer umstrittenen Impfpflicht flankieren sie mit einer grenzdebilen Impflotterie, die eine knappe Milliarde kosten soll. Abgesehen davon, wie widersinnig es ist, dass man Belohnungen aussetzt („Zuckerbrot“), damit sich die Bürger an Gesetze halten (wirklich „Peitsche“?), zeugt es auch von einem seltsamen Rechtsstaats-Verständnis der Herrschaften, die uns regieren. Warum dann nicht auch Waren-Gutscheine für alle, die nicht stehlen, betrügen und sich auch an andere Gesetze halten?
Besonders entlarvend sind aber die Maßnahmen, mit denen Nehammer/Kogler die Inflationsschmerzen lindern wollen. Diesmal sind eineinhalb nicht existente Milliarden im Füllhorn. Und mit der Gießkanne werden sie über uns verteilt: Alle Einpersonen-Haushalte mit einem Monatseinkommen bis zu 5670 € (bei Mehrpersonenhaushalten das Doppelte) bekommen 150 €, die der Energierechnung den Giftzahn ziehen sollen. Nennt man das gezielte Sozialpolitik? Es erinnert eher an den „Pensionisten-Hunderter“ des Christian Kern, der damit aber die Wahl trotzdem verloren hat. Die Menschen sind eben gescheiter, als manche Politiker glauben.
Deutet dieses putzige Geschenk auf einen nahenden Wahltermin zusätzlich zur Hofburg hin? Oder ist es nur ein weiteres Zeichen für die mangelnde Wirtschaftskompetenz der Regierenden?
Wo bitte sind die Ölonomen?
Etwa bei der „Klimaministerin“ Gewessler, die zwar mit ihren einsamen Entscheidungen die Wirtschaft beschädigt und den Staatshaushalt auf Jahre hinaus belastet, aber für die Verteuerung der Energie nicht den Radikalumstieg auf CO2-Freiheit, sondern den Umstand, „dass Russland kein Gas mehr liefert“ verantwortlich macht – was vielleicht droht, aber derzeit noch frei erfunden ist.
Und wo sind bitte die Ökonomen, die darauf hinweisen, dass – neben nicht beeinflussbaren globalen Faktoren wie Liefer-Engpässe, ungehindertes Gelddrucken der EZB und ihre Niedrig-Zins-Politik – das hausgemachte Fluten von nicht vorhandenem „Helikopter-Geld“ nicht gerade inflationsdämpfend wirkt?
Und wo ist der neue Finanzminister? Denkt der noch über den Wahltag hinaus? Schon jetzt lässt sich mit dem ganzen Riesenbudget der Republik (Budgetplan 2022: 99 Milliarden – davon 12 über neue Schulden finanziert) nichts Zukunftsweisendes gestalten. Ganze 90 Prozent dieser Summe sind verplant, ohne dass daran eine Kommastelle verändert werden kann. Pensionen, Verwaltung, Infrastruktur, Schulen, Polizei etc. – alles das, was den Staat funktionieren lässt und was die Bürger brauchen, bindet diese Milliarden. Und dazu kommen weitere Fixkosten: alles, was uns die Staatsschulden an Zinsen und Rückzahlungsraten kosten.
Nur ein Zehntel steht zur Verfügung, um darüber hinaus besondere Politik-Schwerpunkte zu setzen, Neues zu finanzieren, frei in die Zukunft zu investieren. Und wir schaffen es mit unnötigen neuen Schulden, dass dieses finanzielle Zwangskorsett noch enger wird. Und das alles nennt man dann „nachhaltige Politik“.
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